504.. Amerika.
5. März. Der Senat constituirt sich in der Anklagesache des Repräsen-
tantenhauses gegen den Präsidenten Johnson als Staatsgerichtshof
unter dem Vorsitze des Oberrichters Chase und beschließt, den Präsi-
denten auf den 13. d. M. vor seine Schranken zu laden.
Keine Hand erhebt sich weder in Washington noch auf irgend
einem Punkte des weiten Staatsgebietes für den angeklagten Präsi-
denten und die dießfälligen Drohungen der Demokraten erweisen sich
als durchaus eitel.
Die Anklagepunkte sind folgende: 1) Erlaß der Ordre, betreffend die
Absetzung Stanton's. 2) Erlaß der Ordre, betreffend die Einsetzung des Ge-
nerals Thomas als interimistischer Kriegsminister. 3) Ernennung Thomas'
als interimistischer Kriegsminister. 4) Complot, Stanton durch Einschüch-
terung und Bedrohung an der Ausübung seiner Amtsbefugnisse zu verhin-
dern. 5) Complot, die Ausführung der Amtsdauerbill durch Gewalt zu ver-
hindern. 6) Complot, um sich durch Gewalt in den Besitz von Eigenthum,
der Union zugehörig und im Kriegsdepartement befindlich, zu setzen. 7) Com-
plot, die Ausführung der Amisdauerbill zu verhindern. 8) Complot, um sich
in den Besitz oben unter 6 beschriebenen Eigenthums zu setzen. 9) Begehung
der oben unter 1, 2 u. 3 angegebenen Handlungen, um über die Verwendung
der für's Kriegsdepartement bestimmten Gelder die Verfügung zu erlangen.
10) Verleitung des Generals Emory zum Ungehorsam. Thatsächlich fällt
Punkt 3 mit Punkt 2 zusammen, das Comité faßt nur die Ernennung des
Generals Thomas sowohl als eine Verletzung der Amtsdauerbill (Punkt 2),
wie auch als eine solche der Constitution selbst (Punkt 3) auf. Punkt 7 ist
thatsächlich derselbe wie Punkt 5 und Punkt 8 derselbe wie Punkt 6, nur je
ing dem später aufgeführten Punkte mit der Auslassung der Qualification der
„Gewalt“.
Im Senat sind z. Z. 27 Staaten repräsentirt. Von den 54 Senatoren
derselben haben 53 ihre Sitze inne. Eine Zweidrittelmehrheit gegen Johnson
erfordert somit die Stimmen von 36 Senatoren. Die Partei des Präsidenten
zählt für ihn auf die Stimmen der 8 demokratischen Senatoren, der 2 con-
servativ= republikanischen (Dixon und Doolittle), auf 4 anderer, die ihre
Stimmen gegen eine Verurtheilung abgeben müßten, wofern sie nicht alle
noch jüngst von ihnen ausgesprochenen Ansichten und Ueberzeugungen gänz-
lich verleugnen wollten, und hofft, daß noch 7 bis 8, vielleicht sogar noch
mehr, sich diesen 14 Stimmen anreihen würden.
9. „ Sieg der Demokraten in den Wahlen von New-Hampshire. Die
Demokraten fassen Hoffnung, bei der Präsidentenwahl zu siegen.
In den Jahren der Präsidentenwahl werden die Märzwahlen in New-
Hampshire und die Aprilwahlen in Connecticut als vorläufige, die October-
» wahlen in Pennsylvanien aber als definitive Entscheidung für jene betrachtet.
12. „ Der Senat hat dem Zusatz zur Reconstructionsacte (s. oben
26. Dec.) beigestimmt und da der Präsident binnen der gesetzlichen
Frist kein Veto gegen denselben eingelegt hat, so erlangt er Gesetzes-
kraft.
13. „ Senat als Staatsgerichtshof: Die Anklage verlangt sofortige Ver-
handlung. Das Begehren wird mit 26 gegen 25 Stimmen abge-
lehnt und beschlossen, der Präsident habe bis zum 23. d. M. die
Beantwortung der Klageartikel einzureichen. Der Attorney general
(Justizminister) Stanberry gibt seine Entlassung, um sich ganz der
Vertheidigung Johnson's widmen zu können.