Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

Amerika. 461 
gresses beginnt. Die Exekutive wartet auf die Entscheidung des Volkes, gegen 
dessen Willen sie keine Politik zur Geltung zu bringen hat. 
— April. Von den im Laufe des Monat stattgefundenen Staatenwahlen 
fallen zuerst die in New-Hampshire gegen die republikanische Partei 
aus und erzeugen im ganzen Land einen gränzenlosen Jubel unter 
den Democraten. Doch ist er nur von kurzer Dauer, da sie in 
Connecticut unterliegen und auch die Wahlen in Ohio, Michigan, 
Indiania, ja selbst in Maryland und Kentucky Gewinne für die Re- 
publikaner ausweisen. 
4. Mai. Der Präsident verkündet durch Proclamation das Gesetz betr. 
10. 
25. 
12. 
12. 
Aufhebung der geheimen Gesellschaft des Kluklux mit dem Beifügen, 
daß er im Falle der Nothwendigkeit die Bundestruppen einschreiten 
lassen werde. 
„ Die gemischte Commission in Washington einigt sich über einen 
Vertrag zwischen der Union und England behufs Lösung der schweben- 
den Differenzen. (s. unter England.) 
„ Senat: Präsident Grant legt demselben den Vertrag mit England 
zur Genehmigung vor. 
„ Senat: genehmigt den Vertrag mit England mit 50 gegen 12 
Stimmen. 
„ Der erste Versuch der Rentenconversion für die U. St. Bonds 
muß, so weit sie die europ. Obligationsinhaber betrifft, als gescheitert 
betrachtet werden. 
Juli. Blutiger Conflict in New-York zwischen Irländern und Prote- 
stanten. 
Aug. Große Rede des Senators Karl Schurz in Chicago, mit der er 
den Wahlfeldzug für die Präsidentenwahl eröffnet. Dieselbe wirft 
Grant Nepotismus und Corruption vor und bekämpft seine Wieder- 
erwählung aufs energischste. 
Schurz sagt u. A.: „Wenn jetzt der Präsident seine Vettern und Schwäger 
zu Dutzenden an die öffentliche Krippe setzt, so ruft der ganze Chor der 
Schmeichler „Kleinigkeit!“ Nein, meine Herren, das sind keine Kleinigkeiten. 
Die Verwandten des Präsidenten mögen meinetwegen nicht schlechtere Beamte 
sein, als andere auch. Aber indem er sie an die öffentliche Krippe setzt, lehrt 
der oberste Chef des Staates seinen Untergebenen durch sein überall sichtbares 
Beispiel: daß man in seiner Meinung ein öffentliches Amt zu eigennützigen 
Zwecken ausbeuten darf, um daraus zu machen, was sich machen läßt, und 
wer wird sich wundern, wenn dann die Untergebenen auch aus ihren Aemtern 
machen, was sich machen läßt? Wenn der Chef des Staats Geschenke an- 
nimmt und dann die Geber in öffentliche Aemter und Würden setzt, so mögen 
die so Angestellten sehr würdige Männer sein, und die Geschenke mit ihrer 
Anstellung nichts zu thun haben; aber der Chef des Staates hat seinen Unter- 
gebenen gezeigt, daß man, seiner Meinung nach, Geschenke nehmen und die 
Geber auf amtlichem Wege begünstigen darf. Hätte Washington, statt uns 
allen als ein Vorbild edler Uneigennützigkeit vorzuleuchten, das Beispiel eines
	        
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