Die päpstliche Curie.
9.— 10. Febr. Mit Bewilligung des Papstes finden in Rom Disputationen
23.
zwischen Katholiken und Protestanten statt über die Frage, ob der
Apostel Petrus je in Nom gewesen sei oder nicht. Die Blätter der
verschiedensten Richtungen stimmen überein, in der Thatsache allein
ein avvenimento grandissimo zu erblicken.
Die Disputation findet statt in der Sala dei Sabini. Abends Schlag
7 Uhr ist alles bereit, Präsidenten für die einen, Präsidenten für die andern;
es gibt eine Linke und eine Rechte, kein Centrum, die Katholischen haben die
Stenographen des Concils, ihre Gegner die der Abgeordnetenkammer. Nur
200 Einlaßkarten waren an beide gleichmäßig vertheilt, auf evangelischer Seite
sitzen auch Damen, keine auf der andern. Nach Verlesung der Behauptung:
„Petrus ist nie in Rom gewesen,“ spricht Sciarelli (Methodist) kurz und mit
Schärfe; ihm antwortet Fabiani, anerkannt einer der gelehrtesten Priester;
Ribetti (Waldenser) hat an Cipolla seinen Gegner. Noch hat von den Evan-
gelischen Gavazzi mit Guidi zu streiten, doch es ist bereits 11 Uhr, weßhalb
die Präsidenten das Ende der Disputation auf den folgenden Abend verlegen.
Die gleiche anständige Haltung verläßt die Streitenden wie ihr Auditorium
auch am zweiten Tage nicht. Keine der zwei Parteien bedarf der bereit.
stehenden Ersatzmänner, denn nachdem Gavazzi und Guidi geendigt, will man
nichts weiter hinzusetzen. Der Schluß macht einen besseren Eindruck als der
Anfang, man gibt sich die Hand und versichert einander der persönlichen Ach-
tung, während die Aufforderung des evangelischen Gavazzi, das Werk mit
einem „Vater unser“ zu beginnen, von den Gegnern, die keine Gemeinschaft
des Gebets wünschen, abgelehnt ward: nur still zu beten ward gestattet. Das
Protokoll erscheint später in aller Ausführlichkeit gedruckt, inzwischen verschlingt
das Publikum heißhungrig alles, was die Blätter Einzelnes darüber mit-
theilen, einige erleben dabei eine doppelte Auflage. Jede Partei schreibt sich
den Sieg zu, doch haben die Vertreter der kath. Thesis schließlich zugeben
müssen, daß der hl. Petrus jedenfalls nicht 25 Jahre lang in Rom gewesen
sein könne, und erklärten endlich, sie würden öffentliche Herausforderungen ihrer
protestantischen Gegner nicht wieder annehmen.
„ Der Papst ernennt wiederum 20 neue Bischöfe für Italien, 2 für
Rußland, 1 für Polen.