Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 10.—13.) 23
kraten, welche die Frage sofort entschieden wissen wollten. Auch
das Reliktengesetz, bei welchem dieselben Fragen in betracht kommen,
wird an die Kommission zurückgewiesen.
Die Frage hat eine nicht geringe Tragweite: in Süddeutschland sind
die Offiziere kommunalsteuerpflichtig, in Preußen dagegen von jeder Kom-
munalsteuer befreit und zwar nicht nur für ihren Gehalt, sondern auch für
ihr gesamtes Privatvermögen, wodurch z. B. Berlin eine sehr bedeutende
Einnahmsumme entgeht.
Das Gerücht von einer Entlassung des Kriegsministers Kameke tritt
mit verstärktem Nachdruck auf. Soviel scheint sicher, daß die Mililärdebatten
im Reichstag, die empfindlichen Abstriche im Mililäretat für Kasernen und
dgl. und nun noch diese Frage von der Heranziehnug der Offiziere zur
Kommunalsteuerpflicht in den höchsten Kreisen stark verstimmt haben. Die
öffentliche Meinung gibt vielfach zu, daß die Bemängelung bestehender Mi-
litäreinrichtungen zum Teil von wenig kompetenter Seite ausging und die
scharfe Kritik nicht immer in der unter allen Umständen wünschenswerten
würdigen Form geübt wurde; doch bleibt der nicht auszulöschende Eindruck,
daß in der Thak einzelne Übelstände vorhanden sind, welche, ohne die aner-
kannte Trefflichkeit und Musterhaftigkeit des gesamten Systems in irgend einem
wesentlichen Punkte in Frage zu stellen, doch in gewissen Details schärfere
Kontrolle und praktische Verbesserungen, namentlich auch in Form von Er-
sparungen, möglich und räthlich erscheinen lassen.
10.—14. Februar. (Preußen.) Eine österreichisch = deutsche
Eisenbahn-Verbandskonferenz einigt sich über gemeinsame leitende
Grundsätze wesentlich nach den Anträgen resp. Forderungen der
preußischen Staatsbahnverwaltung und unterzeichnet darüber ein Pro-
tokoll, womit der bisherige Tarifkonflikt beseitigt ist.
Danach sollen alle Tarife, Tarisänderungen, Tarifnachlässe, sowie
Refaktien innerhalb dieses Gebietes rechtzeitig publiziert werden; ferner sollen
in allen Fällen die Tarife der Eisenbahntransporte denen des Wasserverkehrs
gleichgestellt werden dergestalt, daß da. wo unter Benützung der Wasserstraße
sich ein billigerer Tarif ergiebt die Eisenbahnverbände von demselben Aus-
gangspunkte nach demselben Endpunkte für den Eisenbahntrans port“ denselben
billigen Beförderungsweg einführen, der unter der Benützung des Wasserver-
kehrs sich ergiebt. Auch über die Verteilung des Verkehrs und der Frachten-
Eingänge wird eine Verständigung erzielt.
13.—14. Februar. (Preußen.) Abg.-Haus: überweist die
Vorlage der Regierung beg. Herstellung eines Kanals von Dort-
mund an die Unterems nach eingehender Debatte, in der die Inter-
essen eines Ems-Weser-Elbe-Kanals denjenigen des vorgelegten be-
schränkteren Unternehmens bereits scharf gegenüberstehen, an eine
Kommission von 22 Mitgliedern.
Minister v. Maybach: die Regierung hat sich für das Projekt ent-
schieden, das jetzt vorliegt, weil es nicht unerschwingliche Ansprüche an die
Finanzen des Staates stellt, weil es selbständigen Zwecken dient und doch
einen Teil eines großen Kanalweges ausmachen kann. Der Forderung, ein
ganzes abgeschlossenes Projekt vorzulegen, ist entgegenzuhalten, daß dasselbe
über 100 Millionen kosten würde. Die Zustimmung zur Vorlage präjudi-