Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiter Jahrgang. 1886. (27)

VIII. 
Das Papsttum. 
15. Januar. (Karolinenangelegenheit; Weltstellung 
des Papstes.) In seiner Allokution an das Konsistorium äußert 
der Papst: 
„Die Angelegenheit, über die Wir zu sprechen wünschen, ist zwar 
bereits zur allgemeinen Kenntnis gelangt, allein da sie mit dem öffentlichen 
Wohle der Völker verknüpft und durch dieselbe ein den Apostolischen Stuhl 
höchst ehrender und seit langer Zeit unterbrochener Brauch erneuert wurde, 
so halten Wir sie daher für wert, vor Euch an dieser erhabenen Stelle von 
Uns persönlich besprochen zu werden. Da der Kaiser von Deutschland und 
der König von Spanien Uns im verflossenen Monat September gemeinschaft- 
lich ersuchten, Wir möchten in der Streitfrage betreffs der Karolinen-Inseln 
einen Ausgleich zu stande bringen, so haben Wir dieses Uns mit großer 
Zuvorkommenheit angetragene Amt sehr gern angenommen, weil Wir dadurch 
der Sache der Eintracht und Humanität in etwas zu nützen glaubten. Und 
so haben Wir die von beiden Seiten vorgebrachten Gründe in aufrichtiger, 
unparteiischer Weise in Erwägung gezogen. Es gelang bald, gewisse Grund- 
lagen für ein Ubereinkommen anzugeben, welche bei beiden Teilen, wie Wir 
hofften, Aussicht auf Annahme haben würden." Es folgt dann eine etwas 
breitere Ausführung des schon bekannten Vermittelungsspruches, worauf der 
Papst weiter u. a. bemerkt: „So hat sich durch Fügung der göttlichen Vor- 
sehung ein Ereignis vollzogen, welches bei der gegenwärtigen Zeitrichtung 
kaum erwartet werden durfte; zwei berühmte und mcchtige Nationen haben 
von der hohen Autorität der Kirche erhabenes Zeugnis abgelegt, und durch 
einen wirksamen Ratschlag wurde unter ihnen Friede und Eintracht erhalten, 
die zu stiften so recht das Amt der Kirche ist. Das ist jener heilsamen wohl- 
thätigen Kraft zuzuschreiben, welche Gott in die Gewalt der Päpste hinein- 
gelegt hat, und welche, sei der Haß ihrer Feinde auch noch so groß und die 
Bosheit der Zeiten auch noch so mächtig, weder vernichtet noch geändert 
werden kann. Daraus erhellt auch wieder, welche große Sünde durch die Be- 
kämpfung des Apostolischen Stuhles und durch die Schmälerung seiner ihm 
rechtlich zustehenden Freiheit begangen wird: Nicht nur die Gerechtigkeit und 
die Religion werden dadurch verletzt, es wird auch das öffentliche Wohl da- 
durch beeinträchtigt; denn gerade in der jetzigen mißlichen und gefährlichen 
Lage der öffentlichen Angelegenheiten könnte der römische Pontifikat weit 
größeren Nutzen stiften, wenn er in voller Unabhängigkeit und im Aie 
seiner Rechte von allen Hindernissen frei, seine ganze Kraft für das Wohl 
der Menschheit aufwenden könnte."
	        
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