Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

6 Das deutsche Reich und seine einelnen Glieder. (Januar 8.—9.) 
men, zum Beschluß erhoben; es kommt sonach über die Präsenzziffer gar 
kein Beschluß zu stande, trotzdem wird der Titel des Gesetzes „Entwurf eines 
Gesetzes betr. die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres“ beibehalten. 
Der in der ersten Lesung zu § 4 der Vorlage als § 3a angenommene An- 
trag v. Huene (Befreiung der Theologie-Studierenden vom Militärdienst) 
mit dem Unterantrag v. Maltzahn, die Befreiung auf die kathol. Theo- 
logen zu beschränken, wird abgelehnt und zum Schlusse das ganze Gesetz 
(die beiden Sozialdemokraten stimmen auf Ersuchen der Freisinnigen mit 
„Ja“, damit nicht ein völliges Vacuum entstehe) in folgender Fassung mit 
14 gegen 12 Stimmen angenommen: 
§ 1. Vom 1. April 1887 ab werden die Infanterie in 518 Ba- 
taillonen, die Kavallerie in 465 Eskadronen, die Feldartillerie in 364 Bat- 
terien, die Fußartillerie in 31, die Pioniere in 19 und der Train in 18 
Bataillonen formiert. Außerdem können von dem gleichen Tage an bis zum 
1. April 1888 16 Bataillone Infanterie formiert werden. § 2. Die Ar- 
tikel 1 und 2 des Gesetzes vom 6. Mai 1880, betreffend Ergänzungen und 
Anderungen des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 und die noch in 
Geltung befindlichen, auf die Zahl der Truppenteile Bezug habenden Be- 
stimmungen des § 2 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874, treten 
mit dem 31. März 1887 außer Kraft. § 3. Gegenwärtiges Gesetz kommt 
in Bayern nach näherer Bestimmung des Bündnisvertrages vom 23. Novem- 
ber 1870, in Württemberg nach näherer Bestimmung der Militär-Konvention 
vom 21./25. November 1870 zur Anwendung. 
8. Januar. (Marschalls-Inseln.) Der kaiserliche Kom- 
missar für die Schutzgebiete der Marschalls-Inseln, einschließlich der 
Brown- und Providence-Gruppen, Dr. Knappe in Jaluit, bringt 
die von ihm vollzogene Übernahme der Verwaltung des Landes zur 
Kenntnis und veröffentlicht eine Reihe von Verordnungen, von denen 
die wichtigsten sind: 
Es bleibt bis auf weiteres verboten, von Eingebornen der Schutzge- 
biete Grundeigentum auf irgendeine Art, sei es durch Kauf, Tausch, Schen- 
kung oder sonst ein Rechtsgeschäft zu erwerben; die dieser Bestimmung ent- 
gegen abgeschlossenen Verträge sollen nicht anerkannt oder geschützt werden. 
Sämtliche fremde Grundeigentümer werden aufgefordert, ihre Ansprüche bis 
1. Juli d. J. beim kaiserlichen Kommissar zur Prüfung anzumelden; später 
eingehende Anmeldungen finden keine Berücksichtigung. Es wird ferner ver- 
boten, Eingebornen ohne Genehmigung des kaiserlichen Kommissars mehr als 
50 Dollars Kredit zu geben; zur Zeit bestehende höhere Forderungen müssen 
beim kaiserlichen Kommissar zur Prüfung bis 1. Juli d. J. angemeldet 
werden. Nicht angemeldete Forderungen verlieren das Recht auf Schutz. 
Alle im Hafen von Jaluit einlaufenden Schiffe haben sich zu melden; die 
Meldegebühr beträgt 13/4 Cts. für jede englische Register-Tonne. Schiffe, 
welche nicht im Schutzgebiete stationiert und im Inselverkehr thätig sind, 
haben beim Einlaufen in den Hafen von Jaluit und beim Verlassen des- 
selben sich des vom kaiserlichen Kommissar bestellten Lotsen zu bedienen. Die 
Lotsen-Gebühr beträgt sowohl für das Einlaufen als auch für das Auslau- 
fen 1 Dollar für jeden Fuß Tiefgang. 
9. Januar. (Preußen: Katholische Kirche.) Bischof 
Redner von Kulm erläßt bei Gelegenheit seiner Weihe einen Hirten- 
brief, in dem er nach dem Gebote Christi: „Gebet dem Kaiser, was
	        
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