362 Italien. (Januar 29. — Februar 1.—4.)
trauensvotum für das Ministerium. Dieser Antrag wird mit 229 gegen
154 Stimmen angenommen.
29. Januar. (Massaua.) Nach einer Meldung des
„Esercito“ hat die Regierung dem General Gené telegraphisch be-
fohlen, sich jeder Abenteuer zu enthalten und keine anderen Maß-
nahmen zu treffen, als welche zur Wahrung der Ehre des Landes
notwendig seien.
Die Streitkräfte Genés betragen 8500 Mann Reguläre und
1000 Baschibozuks.
1.—4. bezw. 5. Februar. (Afrikanischer Kredit.) Depu-
tiertenkammer: Depretis verliest die Depesche des Generals Gené,
welche die Vernichtung der italienischen Abteilung bei Dogali mit-
teilt und fordert einen außerordentlichen Kredit von 5 Millionen
zur Ausrüstung von Truppen nach Massaua.
Die Kammer verweist die Vorlage an einen Ausschuß, der Crispi
zum Vorsitzenden erwählt.
Die Plenarsitzungen am 3. und 4. Februar, denen sämtliche Minister
anwohnen, finden, nachdem inzwischen mehr über die Niederlage von Do-
gali bekannt geworden, vor überfüllten Tribünen statt. Die Aufregung in
der Bevölkerung ist groß. Es finden lärmende Kundgebungen des Volkes
gegen Depretis und Robilant statt. An den Abenden erschallen Rufe: Nie-
der mit den Ministern! Nieder mit den Henkern des Volkes! und Flug-
blätter werden verteilt mit den Worten: Es lebe Oberdank, es lebe die so-
ziale Revolution, es lebe die Kommune! Polizei und Militär sperrt die
Zugänge zum Palazzo di Montecitorio ab.
Die Kommission befürwortet die Vorlage einstimmig mit dem Vor-
schlage für jetzt auf die Beurteilung der Kolonialpolitik der Regierung zu
verzichten. Die Opposition, besonders die Sozialisten greifen dennoch die
Kolonialpolitik aufs Heftigste an, obgleich nur einer, der Sozialist Andrea
Costa die sofortige Räumung von Massauah fordert. Graf Robilant
erklärt: Es falle ihm nicht schwer, zuzugeben, daß seine jüngsten Aeußerungen
in der Kammer, welchen die Ereignisse nicht entsprochen hätten, unglückliche
gewesen seien; er habe damals geglaubt, Italien müsse besonders bei der
gegenwärtigen Lage in Europa zeigen, daß das Vorgehen in Massaua nur
eine Episode zweiter Ordnung sei, welche die Stellung Italiens in Europa
nicht behindern könne. Jetzt handle es sich um die Sicherheit der Truppen
in Massaua, um das Ansehen Italiens, und dem gegenüber müßten alle
Personenfragen verschwinden. Der Kriegsminister Ricotti erklärt, man
müsse, bevor man über das Ministerium und über den Befehlshaber der
Truppen in Massaua urteile, die ausführlichen Schriftstücke abwarten und
darauf eine Untersuchung veranstalten. Der Ministerpräsident Depretis
bestreitet, daß die Kolonialpolitik der parlamentarischen Erörterung entzogen
sei, und verlangt eine klare, bündige Willensmeinung. Crispi spricht für,
Cairoli gegen die Bewilligung des Kredits. Nach der Erklärung des Mini-
steriums, es werde die einfache Tagesordnung als einen Mißtrauensbeschluß
ansehen, wird dieselbe mit 215 gegen 181 Stimmen abgelehnt. Hierauf
wird der geforderte Kredit mit 317 gegen 12 Stimmen bewilligt.
Der Senat genehmigt am 5. einstimmig die geforderte Summe.
Februar. Wie später — Anfang Juli — durch die Zeitungen