Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

Ilalien. (Februar 5.--11.) 363 
bekannt wird, ist ein Einvernehmen zwischen Italien und 
England über die Mittelmeerpolitik beider Mächte durch die Be- 
mühungen Robilants zu stande gebracht und vertragsmäßig be- 
festigt worden. 
5. Februar. (Massaua.) Major Piano, einer der drei 
italienischen Reisenden der wissenschaftlichen Expedition des Grafen 
Salimbeni, welche der Negus von Abeffinien als Geiseln gefangen 
hält, trifft mit Briefen des Negus und Ras Alulas vom 
26. Januar, dem Schlachttage von Dogali, in Massaua ein. 
Im Briefe des Negus heißt es: „Zuerst habt Ihr Massaua ge- 
nommen, jetzt seit Ihr auch nach Saati gekommen, um dort eine Festung 
anzulegen. Welchen Zweck habt Ihr? Gehort dieses Land nicht mir? Räu- 
met mein Land; wenn Ihr in guten Absichten kamet, wozu bauet Ihr 
Festungen! Warum bringt Ihr Kanonen, Gewehre und Soldaten mit?“ 
as Alula schreibt: „Ihr seid schuld an dem Geschehenen. Laßt uns jetzt 
wieder Freunde sein wie früher. Bleibet in eurem Lande; das anze Land 
von Massaua bis hierher gehört dem Negus. Ich habe einen Bruder ent- 
sandt, damit er mit euch spreche.“ Maoajor Piano erklärt, er habe den Auf- 
trag, freundschaftliche Verhältnisse sowie die Handelsbeziehungen wieder her- 
zustellen. General Genék sendet Piano tags darauf zurück und fordert die 
Freilassung der Expedition Salimbeni ohne Verpflichtungen einzugehen. Einige 
Tage später trifft auch Salimbeni selbst mit mündlichen Aufträgen bei 
Gens ein, wird aber mit dem nämlichen Bescheide zurückgesandt. 
Es scheint, daß das ganze feindselige Verhalten des Negus und seines 
Oberfeldherrn auf russische oder griechische Ränke zurückzuführen sei. 
6. Februar—Anfang März. (Ministerkrise.) Nachdem Graf 
Robilant infolge der heftigen Angriffe in der Kammer aus Anlaß 
der Niederlage in Ostafrika erklärt hat, seine Entlassung unter allen 
Umständen nehmen zu wollen, gibt das gesamte Ministerium am 
8. Februar seine Demission. 
Der König beruft hierauf die Präsidenten der Kammer und des 
Senats. Die Kammer vertagt sich sodann bis nach Beendigung der Krise. 
Die Neubildung des Ministeriums stößt auf außerordentliche Schwierigkeiten. 
Alle Versuche mit Crispi, Cairoli und wiederholt mit Depretis ein Kabinet 
zu bilden, scheitern, es werden ebenso vergeblich Saracco, Rudini, Biancheri, 
Farini und selbst Graf Robilant vom Könige berufen. Nachden endlich 
alle Kombinationen erschöpft find und zu keinem Resultate geführt haben, 
len der König am 3. März die Entlassung des Kabinets ab. Es wird 
beschlossen, daß sämtliche Mitglieder im Amte bleiben und sich der Kammer 
vorstellen sollen, um von derselben eine Vertrauenserklärung zu fordern. 
11. Februar. (Stellung zu den Kaisermächten.) Die 
„Opinione“ sagt unter Hinweis auf die Verhandlungen Robilants 
über die Fortdauer der Beziehungen Italiens zu Deutschland 
und Oesterreich-Ungarn im Interesse der allgemeinen Friedens- 
politik und der Sicherung des allseitigen Gebietsstandes: 
Die gegenwärtige Ministerkrifis treffe Italien in einem sehr schwierigen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.