Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

364 Italien. (Februar 16. — Ende.) 
Augenblick, wer könnte mehr als Graf Robilant die Fähigkeit und die 
Autorität besitzen, um diese hochwichtigen Unterhandlungen zum guten Ziele 
durchzuführen? Wenn ihm die Verpflichtung zufalle, einer augenblicklichen 
Entmutigung nicht nachzugeben, so liege auch der Mehrheit und den Dissi- 
denten die Pflicht ob, sich ihrer ungeheuren Verantwortlichkeit bewußt zu 
bleiben und eine parlamentarische Mittelpartei vorzuberetten, welche die 
Regierung mit der ganzen notwendigen Autorität ausrüste, um ihren ent- 
scheidenden Einfluß in Europa auszuüben. Die Opinione fährt sodann fort: 
„Wir hatten diese sehr ernste Lage im Auge, als wir in den letzten Tagen 
einen Aufruf an die Eintracht der Mehrheit mit den Dissidenten richteten 
und ein ausgezeichnetes Mitglied einer andern Partei, welche mehr durch 
geschichtliche Erinnerungen als durch wesentliche Meinungsverschiedenheiten 
von uns getrennt ist, zum Anschlusse an die Mehrheit und zum Eintritte 
in die Regierung aufforderten. Wir haben es nicht eilig, die Krisis in 
wenigen Tagen beendigt zu sehen; es liegt uns vielmehr daran, daß fsie 
nicht mit der Bildung eines schwachen und dem Auslande gegenüber autori- 
tätslosen Kabinets abschließen. Da uns der Patriotismus rücksichtsloseste 
Offenheit zur Pflicht macht, so sprechen wir es aus, daß vor allem einigen 
hervorragenden Männern die Verantwortlichkeit für gewagte Entschlüsse zu- 
fällt, von welchen es abhängt, ob Italien morgen noch einigen Einfluß in 
den Angelegenheiten Europas besitzen und imstande sein werde, seine wesent- 
lichsten Interessen zu verteidigen oder nicht.“ 
16. Februor. Ein königlicher Tagesbefehl belobt die 
Truppen in Afrika wegen ihrer vortrefflichen Haltung in den Kämpfen 
gegen die Abeffinier. 
28. Februar. (Unruhen.) In Cagliari finden infolge Zah- 
lungseinstellung der landwirtschaftlichen Kreditbank Unruhen statt. 
Die Menge durchzieht tobend die Straßen, zertrümmert Schauläden 
und bewaffnet sich mit Steinen und dergl. Die Kirchen, Schulen, 
Büreaus und Fabriken werden geschlossen. Es müssen Truppen ein- 
schreiten und es kommt zu einem Zusammenstoße bei dem 1 Offizier 
und 2 Soldaten und mehrere Einwohner durch Schüsse oder Stein- 
würfe verwundet werden. 
Ende Februar. (Bündnis mit Deutschland und Oester- 
reich.) Es wird in Rom bekannt, daß die Verhandlungen mit 
Deutschland und Oesterreich-Ungarn betr. Erweiterung und Festigung 
des Bündnisses mit Italien günstigen Fortgang gehabt haben und 
zu Ende gekommen sind. Das Organ Depretis', „Popolo Romano“, 
bestätigt den Abschluß dieser Verhandlungen mit der Andeutung, 
daß Italien große Vorteile zugesichert, vor allem der territoriale 
Bestand garantiert und bedingungs= und schrankenlose Hilfe zuge- 
sagt worden seien. (Vgl. Deutsches Reich II, 27.) 
Am 4. März veröffentlicht die „Opinione" einen sehr bemerkens- 
werten Artikel. Sie erklärt die in italienischen wie in ausländischen Blät- 
tern enthaltenen Nachrichten über die Erneuerung des Uebereinkommens 
Italiens mit den Centralmächten als offenbar ungenau oder falsch; denn 
 
	        
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