Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

Aalien. (März 1.—11.) 365 
das Geheimnis sei zweifelsohne strengstens gewahrt worden. Wenn man 
unter den aufgestellten Konjekturen eine Wahl treffen solle, so zweifele die 
Opinione nicht, daß die getroffenen Vereinbarungen vor Allem die Erhal- 
tung des Friedens anstreben und jeden Gedanken einer aggressiven Politik 
ausschließen. Die italienische Regierung werde im Uebrigen nicht verfehlt 
haben, für alle Eventualitäten vorzusorgen, indem sie ebensowohl auf die 
Interessen, welche sich an die Losung der Balkanfrage knüpfen können, als 
auf diejenigen Rücksicht nahm, welche mit der Stellung Italiens im mittel- 
ländischen Meere zusammenhängen. Die Opinione gelangt zum Schlusse, 
daß nicht allein Italien, sondern auch alle diejenigen im Auslande, welche 
ernstlich den Frieden wünschen, für diese Politik demjenigen sehr dankbar 
sein sollten, der sie durchzuführen verstanden habe. 
Nachdem hierauf die „Tribuna“ über den Inhalt des Bündnisses, 
namentlich über Gebietserweiterungen der Verbündeten im Kriegsfalle Mit- 
teilungen gemacht, tritt diesen „Opinione“ wiederholt entgegen und ver- 
sichert auf das Bestimmteste, daß das Bündnis keinerlei aggressiven Charak- 
ter trage. 
1. März. (Massaua.) Graf Salimbeni trifft mit einem 
neuen Schreiben Ras Alulas aus Asmara in Massaua ein. 
Dasselbe enthält wiederum das Gesuch um Herstellung friedlicher 
Verhältnisse. Der Negus und Ras Alula haben jeden Gedanken an 
Erneuerung des Angriffs auf die italienische Stellung in Ostafrika 
aufgegeben. 
9. März. Crispi wird von der Pentarchistenpartei an Stelle 
Cairolis'’ zum Führer der Opposition bestimmt, da dieser wegen 
der Anfeindungen Zanardellis zurücktritt. 
10.—11. März. (Ministerium und Kammer.) Depu- 
tiertenkammer: Vor der überfüllten Kammer gibt Ministerprä- 
sident Depretis, schon leidend und darum ganz in Tücher gehüllt 
und mit schwacher Stimme sprechend, folgende Erklärung ab: 
„Da alle Hersuche, die in Folge der Abstimmung vom 8. Februar 
ausgebrochene Krise befriedigend zu lösen, gescheitert, hat Se. Majestät der 
König befunden, die von dem Kabinete erbetene Entlassung nicht zu bewilligen. In 
Gemäßheit des königlichen Willens verbleibt das Kabinet im Amte und erwartet 
aus einer politischen Abstimmung die Klärnng der parlamentarischen Lage.“ 
Crispi spricht gegen das Kabinet. 
Er tadelt, daß dieses seine Entlassung genommen und jetzt, obgleich 
die Parteilage seit dem 8. Februar sich nicht geändert habe, im Amte bleibe; 
es sei-falsch zu sagen, der Rücktritt sei ihm nicht bewilligt worden, da der 
König ja vaschiedene Personen mit Neubildung beauftragt habe. 
Depretis entgegnet: das Ministerium sei erst entlassen, wenn 
das neue fertig gebildet sei, nicht früher. Crispi: 
„Das mag die von Ihnen in den letzten zehn Jahren eingeführte 
Uebung sein. Nach der Verfassung ist sie unzulässig. Da Ihre Erklärungen 
mir nicht genügen, beantrage ich folgende Tagesordnung: „In Anbetracht 
des Umstandes, daß die Regierung in der letzten Krise dem parlamentarischen
	        
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