Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

S#lien. (Mai 30.—Juni 3. bzw. 6.) 369 
nehmigt den vom Kriegsminister verlangten Kredit zur Vermehrung 
der Armee und Marine. 
30. Mai. (Blokade gegen Abessinien.) Auf eine An- 
frage in der Kammer bemerkt Ministerpräsident Depretis: 
Alle Vertreter Italiens im Auslande hätten unter dem 1. Mai die 
Weisung erhalten, die Blokade gegen Abessinien zu notifizieren. Die Türkei 
drückte freundschaftlich den Wunsch aus, daß ihr die Notifikation nicht 
schriftlich zugemittelt werde. Wir stimmten bei und gaben der Türkei Er- 
klärungen über den Charakter der Blokade. Die Türkei machte keine wei- 
teren Bemerkungen. Allen anderen Regierungen wurde die Blokade schriftlich 
wtsieiert Bisher trafen seitens keiner Macht Bemerkungen oder Vorbe- 
alte ein. 
31. Mai. (Afrikanische Politik.) Deputiertenkammer: 
Bei Beratung des Heeresetats gibt der frühere Kriegsminister Ri- 
cotti Aufklärungen über die in Afrika befolgten Pläne. 
Er sagt: Es handelte sich vor allem darum, aus Massaua mit 
Arkiko, Otumlo und Mkullu ein befestigtes Lager zu machen. Gegen die 
Abeffinier sollte niemals aggressiv vorgegangen werden. Der sanitäre Zu- 
stand war, wie sich nun klar herausstellt, ein vollständig normaler; die 
Engländer in Suakim waren viel schlimmer daran, und doch war die Wut 
egen mich so groß, daß man mich am liebsten zum Fenster hinausgeworfen 
Hlite Sahati sollte zum Schutze der Karawanen besetzt werden, doch war 
General Genés aus militärischen Gründen dagegen. Der Minister des Aeu- 
ßern aber, von dem vormals die Angelegenheiten von Massaua abhingen, 
bestand darauf, und Sahati wurde besetzt. Nach der Katastrophe von Sabatl 
wurden Gensé Verstärkungen versprochen, doch jedes Vorgehen gegen Abeffinien 
verboten. Das Unternehmen von Dogali war ein tollkühnes, aber auch 
heldenmütiges und hat dem militärischen Prestige Italiens genützt. General 
Gené verdient uneingeschränktes Lob, weil er, von allen Seiten bedrängt, 
niemals die Kaltblütigkeit verlor. 
1. Juni. Die Kammer erklärt zum fünften Male die Wahl 
des Zuchthäuslers Amilcare Cipriani in Ravenna für nichtig. 
2.—3. Juni. (Heeresetat: Massaua.) Bei der Beratung 
des Heeresetats wird die afrikanische Politik lebhaft erörtert. 
Crispi sagt: 
Man wolle keinen Krieg mit Abessinien, allein man müsse ein= für 
allemal die Ansprüche Italiens auf einen seiner Lage und seinen Handel entspre- 
chenden politischen Einfluß in Afrika durch eine rasche, kräftige That be- 
festigen und zugleich den Barbaren zeigen, daß man nicht gewillt ist, ihre 
ebergriffe zu ertragen. Es werde nicht dieses Kabinet sein, welches den 
Rückzug der Truppen aus Massaua anordnen werde. (Lebhafter Beifall.) 
3. bzw. 6. Juni. (Aussöhnung mit dem Papsttum.) 
Die „Nuova Antologia“ veröffentlicht einen Artikel Bonghis, 
welcher die Versöhnung als nützlich für das Papsttum wie für das 
Königreich bezeichnet und sagt: 
Bei der Fessesung der Mobalitäten gebe es zwei Dinge, welche un- 
möglich seien: dem Papste ein Gebiet abzutreten und ihm irgend welche 
Europ. Geschichtskalender. XXVIII. Bd. 24
	        
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