416 Niederlande. (März 24.— August 11.)
Schon an den Tagen vorher waren in verschiedenen Städten kleinere
antisozialistische Kundgebungen veranstaltet worden.
24. März bezw. 29. April. (Wehrvorlage.) 2. Kammer:
Die Regierung verlangt die Ermächtigung zur Verlängerung des
Dienstes der für dieses Jahr befreiten Land- und Marinemiliz um
ein Jahr.
Die Regierung glaubt angesichts der bedeutenden Rüstungen verschie-
dener Staaten mit der Möglichkeit von Komplikationen rechnen zu sollen.
Eine der Kammer zugegangene vertrauliche Note gibt Informationen über
die Streitkräfte zu Land und zur See.
Die Kammer nimmt am 29. April mit 40 gegen 19 Stimmen
die Vorlage an.
17. Juni. Die 2. Kammer beendigt die Beratung der Ver-
fassungsrevision und genehmigt die vorläufige Wahlordnung.
Die 199 Artikel der alten Verfassung werden um 2 vermindert, 55
völlig umgearbeitet, doch werden nur die Umrisse vorgezeichnet, welche durch
spätere besondere Gesetzgebungsakte ausgefüllt werden sollen. Die Zusammen-
setzung der ersten Kammer wird geändert, indem außer den Hochstbesteuerten
auch hervorragenden Würdenträgern und Gelehrten der Eintritt eröffnet wird.
Das Stimmrecht wird durch Herabsetzung des Wahlzensus erweitert, sodaß
danach 190000 statt der bisher vorhandenen 125000 vorhanden sind. Die
Frage der Heeresdienstpflicht ist offen gelassen. (Vgl. Gesch. Kal. 1886 27. Nov.)
27. Juli. (Amnestie.) Am Jahrestage des Amsterdamer
Sozialistenaufruhrs erläßt der König allen noch deshalb in Haft
befindlichen ihre Strafe.
Ende Juli. (Ostindien.) Gegen das Fürstentum Trumon
an der Grenze Atschins, welches auf die Seite der Atschinesen ge-
treten ist, wird ein Kriegszug eröffnet; die Stadt Kampong von der
Flotte bombardiert.
Anfang August. Beginn der Anlegung einer Eisenbahn zur
Erschließung der Umbilien-Kohlenlager in Westsumatra.
11. August. (Luxemburg.) Die „Luxemburger Zeitung“,
das Hauptorgan des Großherzogtums, veröffentlicht einen Artikel,
dessen Spitze sich gegen jene auswärtigen Blätter richtet, welche die
Nachfolgeberechtigung des Herzogs Adolf von Nassau als bedroht
hingestellt hatte.
Die „Luxemburger Ztg.“ erklärt, daß die Rechte des Herzogs unbe-
streitbar und unbestritten seien und daß die Luxemburger sich folglich wegen
ihrer Zukunft nicht beunruhigten. Der Artikel wendet sich besonders gegen
das „J. de Bruxelles“, welches auf eine stille Opposition der Luxemburger
gegen die künftige Herrschaft, auf das lutherische Bekenntnis des Herzogs
und auf die unabweisbaren Kosten eines besonderen Hofes anspielte. Die
„Luxemb. Ztg.“ weist diese Einflüsterungen als perfid zurück und beschuldigt
die belgischen Offiziösen, dieselben angeregt zu haben. Ein anderes Brüsseler
Blatt hatte von dem Verlangen zahlreicher Luxemburger gesprochen, zu Bel-