Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

426 Schweden und Norwegen. (Juli 5.—Dezbr. Ende.) 
und selbst der Urheber der Vorlage, der Neffe des Ministerpräsidenten Jakob 
Sverdrup bleibt im Amte, trotzdem früher der Ministerpräsident gedroht 
hatte, bei der Vorlage die Kabinettsfrage zu stellen. Jakob Sverdrup läßt 
erklären, daß er damit einem besonderen Wunsche des Königs folge. Der 
Zwiespalt zwischen dem Ministerium und dem linken Flügel der demokra- 
tischen Partei verschärft sich dadurch noch mehr. 
Das der Rechten zugehörende Christianiaer „Morgenblad"“ schreibt zu 
dieser Haltung des Ministeriums: „Hiernach kann man also die parlamen- 
tarische Regierungsform als von dem Ministerium aufsgegeben betrachten, 
und hiezu beglückwünschen wir das Land. Der Ministerpräsident Sverdrup, 
welcher seit 1860, als er begann, für die Teilnahme der Minister an den 
Storthingsverhandlungen zu sprechen und zu stimmen, der wärmste Vor- 
kämpfer für die Einführung des Parlamentarismus in Norwegen gewesen 
ist, hat hiemit die Thaten eines ganzen Lebens desavouiert. Daß mehrere 
seiner Gesinnungsgenossen, die noch an der Theorie festhalten, höchst erbittert 
sind, ist nicht anders zu erwarten. Kraft seiner Prinzipien im Amte zu 
bleiben, wie es die alte Regierung that, verdient alle Ehre bei Gegnern wie 
Gefinnungsgenossen. Zu bleiben trotz seiner Grundsätze, bringt keine Ehre 
weder bei Freunden noch Gegnern.“ 
5. Juli. (Norwegen.) Das Storthing genehmigt einstimmig 
die dem Heere eine neue milizartige Organisation gebende Wehr- 
vorlage. 
Juli—August. (Norwegen.) Nachdem das Storthing die 
Einführung der Geschwornengerichte beschlossen hat, gibt der 
dieser Einrichtung nicht geneigte Justizminister Sörenssen seine 
Entlassung. Dieselbe wird aber vom Könige nicht angenommen, 
sondern Sörenssen beauftragt, dem nächsten Storthing eine Vorlage 
über die Kosten der neuen Gerichtsverfassung zu unterbreiten, da 
der Widerstand der konstitutionellen Partei und des Justizministers 
sich hauptsächlich gegen den durch die Schwurgerichte nötigen größeren 
Kostenaufwand gerichtet hatte. Die Demokraten fordern hierauf von 
Sörenssen, er solle das königliche Handschreiben ganz unberücksichtigt 
lassen, dieser aber veranstaltet Erhebungen bei den Justizbehörden 
als Vorarbeit für die Ausarbeitung des vom Könige begehrten Kosten- 
anschlags. 
Ende Juli. (Norwegen: Radikale Demokratie.) Eine 
in Drontheim tagende Versammlung von Abgeordneten der demo- 
kratischen Vereine des Landes spricht sich gegen die Haltung des 
Ministeriums aus und faßt eine Anzahl radikaler Resolutionen. 
Es wird das allgemeine Wahlrecht, die strenge Durchführung des 
parlamentarischen Regierungssystems, die Trennung der diplomatischen und 
konfularischen Vertretung Norwegens im Auslande von derjenigen Schwedens 
und die Aufhebung der norwegischen Vize-Königschaft gefordert. 
September—Ende des Jahres. (Schweden.) Die infolge 
Ablaufs der Legislaturperiode erforderlich gewordenen Neuwahlen 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.