154 Die Gesterreichisch-Angarische Monartzie. (Januar—März.)
„Das festgestellte Rekrutenkontingent des Heeres kann vor Ablauf von
10 Jahren nur in Frage kommen, wenn Seine Majestät im Wege der be-
treffenden verantwortlichen Regierungen die Vermehrung oder Verminderung
des Kontingentes für notwendig erachtet. Die thatsächliche Stellung aller
Kontingente kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die Gesetzgebung dieselben
für das betreffende Jahr auch schon votiert hat."
Die Opposition behauptet, durch diese Fassung des Gesetzes
solle dem ungarischen Reichstag das Recht entzogen werden, nach
Ablauf der zehn Jahre das Kontingent beliebig zu verändern oder
ganz zu verweigern.
Am 9. Januar stellt Min.-Präs. Tisza infolge der Schwierig-
keiten, auf die das Gesetz stößt, die Kabinetsfrage. Er sagt:
Nachdem die Armeesprache die deutsche geworden, sei es notwendig,
daß die Offiziere in Wort und Schrift derselben mächtig seien. Davon sei
im Kriege das Leben Tausender abhängig. Eine beschlossene Resolution
bezüglich der Ablegung der Offiziersprüfung in ungarischer Sprache werde
der Genehmigung des obersten Kriegsherrn vorgeschlagen werden. Dies sei
eine genügende Garantie für die Einhaltung. Ein so wichtiger Gesetzentwurf
sei nicht Sache eines einzelnen Ministers, sondern der gesamten Regierung.
Diejenigen, welche den Entwurf für schlecht halten, mögen ihre Ansicht in
solcher Zahl und solcher Kraft manifestieren, daß eine Regierungzkrise ein-
treten könne, nicht aber in solcher Weise, daß keine Regierung krise eintrete,
sondern die Regierung nur geschwächt werde, weil sie hierdurch dem Lande
nur Schaden zufügen. Er seinerseits sei nicht gesonnen, mit schwachen Kar-
ten zu spielen.
Am folgenden Tage ergreift, nachdem der Landesverteidigungs-
Minister Fejervary die Vorlage begründet hatte, der Unterrichts-
minister Csary das Wort zu einer längeren Ausführung über den
bereits erwähnten Erlaß zu Gunsten der Erlernung der deutschen
Sprache in Ungarn.
Der Minister weist darauf hin, daß im Jahre 1883 die deutsche
Sprache unter die obligatorischen Unterrichtsgegenstände bei den Mittel-
schulen aufgenommen worden sei. Die Gesetzgebung habe damit anerkannt,
daß es für jeden Gebildeten unbedingt notwendig sei, außer der vaterlän-
dischen Sprache noch eine fremde lebende Sprache zu kennen, und daß, ab-
gesehen von dem staatsrechtlichen Bande, welches Ungarn an Oesterreich
knüpfe, die deutsche und die ungarische Kultur einander am nächsten ständen.
Die Gesetzgebung sei weise vorgegangen, indem sie als jene fremde lebende
Sprache die deutsche angenommen habe. Die Erfahrung seit dem Jahre
1883 und die letzten Maturitätsprüfungen hätten jedoch die mangelhafte
Durchführung des gedachten Gesetzes erwiesen, mit dem jetzigen diesbezüg-
lichen Erlaß werde nur die gründliche Durchführung des Gesetzes vom Jahre
1883 bezweckt. (Lebhafter Beifall)
Am 11. findet eine neue Versammlung der Regierungspartei
statt, in der der Beschluß gefaßt wird, die Vorlage der Regierung
als Basis für die Spezialdebatte anzunehmen. Dennoch bleiben
einzelne Bedenken zurück. Tisza erklärt noch einmal,
daß in der Sprachenfrage und bezüglich der Einjährig-Freiwilligen