Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

178 Vie Oefterreithisch-Angarische Menarchie. (November 1. —7.) 
der Majorität der Adreßkommission beschlossene Resolution bean- 
tragt, über den Gregrschen Adreßantrag zur Tagesordnung über- 
zugehen. 
In der Resolution wird betont, es sei vertrauensvoll der Krone an- 
heimzugeben, den Zeitpunkt selbst zu wählen, in welchem das große Werk 
der freiheitlichen Institutionen Böhmens durch die Königskrönung abzu- 
schließen sei. 
1. November. (Böhmen: Schmeykal über das böh- 
mische Staatsrecht.) Im Prager deutschen Verein spricht 
Schmeykal über Staatsrecht und Königskrönung 
und weist den Widerspruch zwischen dem zu restituierenden und dem 
geltenden böhmischen Staatsrecht an dem Krönungseide und dem vorge- 
schriebenen kaiserlichen Verfassungseide nach. Heute gebe es kein böhmisches 
Staatsrecht mehr, die Tschechen bemühten sich aber, ein neues zu schaffen. 
2.—3. November. Graf Kalnoky weilt beim Fürsten Bis- 
marck in Friedrichsruh. 
4. November. Ungarn: Die Unabhängigkeitspartei des 
ungarischen Reichstags beschließt den Gesetzentwurf über Ungarns 
zehnjährigen Beitrag zur Zivilliste nicht zu votieren, da die 
von der Partei urgierte königlich ungarische Hofhaltung noch 
immer nicht errichtet sei. 
5. November. (Niederösterreichischer Landtag.) Die 
Abgeordneten Fürnkranz und Genossen stellen einen Antrag, be- 
treffend die Vereinigung Oesterreich-Ungarns mit Deutschland zu 
einem gemeinsamen Zollgebiete. 
5. November. (Wien: Bezirksausschußwahlen.) In 
zwei Wiener Vorstädten finden Bezirksausschußwahlen statt, in 
denen die Antisemiten im Gegensatz zu den letzten Wahlen Nieder- 
lagen erleiden. 
7.—9. November. (Böhmen: Krönungsadresse.) Im 
Landtage kommt der jungtschechische Adreßentwurf, betreffend das 
böhmische Staatsrecht und die Königskrönung, zur erneuten Be- 
ratung. 
Die Sitzung nimmt einen stürmischen Verlauf. Zunächst begründet 
Rieger, der Führer der Alttschechen, den Antrag auf Uebergang zur Tages- 
ordnung über den jungtschechischen Adreßentwurf. Er sagt, wenn man dem 
tschechischen Volke einreden wolle, daß der Antrag der Alttschechen mit dem 
Aufgeben des böhmischen Staatsrechts identisch ist, so sei dies Eskamotage 
und Betrug. (Lärm seitens der Jungtschechen; Rufe: Gemeinheit! Nichts- 
würdigkeit!) Abgesehen davon, daß der Antrag unzeitgemäß sei, sprächen 
auch das Verhältnis zu Deutschland (die Jungtschechen rufen: Was kümmert 
uns Deutschland2), zu den Ungarn, den Deutschböhmen, der Verfassung und 
dem Kaiser dagegen, daß man mit der Frage jetzt sich beschäftigte. Das 
Staatsrecht besprechend, sagt Redner, zwischen dem böhmischen Volke und 
 
	        
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