192 Erstritamien. (Februar 21.)
auch einen Brief unterschrieben, den Russel verlesen zu dürfen bittet. Der
Generalanwalt erhebt Einsprache. Russel ruft leidenschaftlich: „Ich bitte
feierlich im Namen der Gerechtigkeit sprechen zu dürfen. Es handelt sich
darum, zu zeigen, warum Pigott verschwunden ist, obwohl die Regierung
drei Detektives zu seiner Ueberwachung aufstellte.“ Als die Richter zögern,
ruft Russel mit großtem Pathos: „Euer Lordschaften haben darüber zu
wachen, daß die Gerechtigkeit freien Lauf habe. Es ist Gefahr im Verzuge,
wenn ich nicht sprechen darf, daß die wahrhaft Schuldigen entrinnen. Es
handelt sich darum, den Zusammenhang zwischen Pigotts Fälschung und der
„Times“ und zwischen der „Times“ und den Ministern Ihrer Mojestät der
Konigin und damit die Verschwörung aufzudecken, die zu Parnells Verderben
ins Werk gesetzt ist.“ Nach diesen Worten Russels bemächtigt sich unbe-
schreibliche Erregung aller Anwesenden. Die Richter gestatten Russel das
Wort, und dieser beschuldigt nun die „Times“ und Houston offen, Pigott
fortgeschafft zu haben, um die Bloßstellung seiner Auftraggeber zu verhindern.
Hierauf folgt ein aufregendes Kreuzverhor Houstons, des Anwalts Soames
und der drei Detektives. Mit der Bekanntgabe, daß Pigott wegen Meineids
und Fälschung verfolgt werden wird, schließt die Sitzung.
Mit Bezug auf diesen Ausgang bemerkt die „Times“ am
28. Februar in einem Leitartikelt
„Es ist unser Wunsch wie auch unsere Pflicht, jenem Gefühle auf-
richtigen Bedauerns über die Veröffentlichung der angeblich von Parnell ge-
schriebenen Briefe, wie dies auch der Generalanwalt bereits gethan hat,
Ausdruck zu geben. Parnells eirdlich abgegebene Erklärung, daß die ihm
untergeschobenen Briefe Fälschungen seien, nehmen wir als in jeder Hinsicht
wahr an. Dieser Ausdruck des Bedauerns umfaßt auch die Egan. Davitt
und O'Kelly fälschlich zugeschriebenen Briefe. Es ist jetzt klar, Pigott war
eines krassen, schändlichen Betruges schuldig, als er die Schriftstücke vorlegte,
welche in unsere Hände gelangten. Wenn, wie es heißt, eine Verschwörung
unter Pigott und Houston bestand, so waren wir die Opfer derselben, nicht
Teilnehmer daran. Was wir thaten, geschah nur im öffentlichen Interesse.“
Gleichzeitig erklärt die „Times“ jedoch, daß die Zurücknahme
der gefälschten Briefe den Fortgang der Untersuchung vor dem Par-
nellausschusse nicht verhindere.
Dieser Abschnitt der Parnellkommissionsarbeit findet seinen
Abschluß, als am 2. März in London eine Depesche aus Madrid
eintrifft, Pigott habe sich in dem Augenblick, wo er verhaftet wer-
den sollte, in einem dortigen Hotel erschossen.
21. Februar. (Thronrede.) Das Parlament wird von der
Königin durch eine Thronrede eröffnet.
Diese bezeichnet die Beziehungen Englands zu den Mächten als herz-
liche. Die vor der letzten Vertagung des Parlaments beendeten Operationen
in Egypten hätten den Zweck, zu dem sie unternommen worden, erreicht;
es sei kein Grund zur Befürchtung einer Widerholung der Unruhen in der
Nähe von Suakin vorhanden. Obgleich die Verhandlungen mit Tibet be-
Sikkims ein günstiges Resultat noch nicht gehabt hätten, sei doch zu hoffen,
daß keine neuen militärischen Operationen erforderlich werden würden. Die
Königin habe eingewilligt, an der Konferenz in Berlin mit Deutschland und
den Vereinigten Staaten in den Samoa-Angelegenheiten teilzunehmen, um