Großbritannien. (August 15.— September 16.) 201
schaft über Egypten zurückziehe, durch die Ehre auferlegt werde; aber das
Ansinnen Lord Carnarvons, daß England sich aus einem Vormund in den
Eigentümer Egyptens verwandle, daß es seinen Aufenthalt dort permanent
mache, und daß es seine Herrschaft in Egypten für diejenige eines Eroberers
erkläre, bezeuge eine ungenügende Achtung vor der Heiligkeit der eingegange-
nen Verpflichtungen, die zu erfüllen England verbunden sei. Bei einer sol-
chen Frage könne die Regierung nicht untersuchen, welches das zweckmäßigste
oder vorteilhafteste Verfahren sei, sondern sie müsse das Verfahren unter-
suchen, zu dem sie durch die eigenen Engagements und durch das europäische
Gesetz verpflichtet sei. Die Regierung werde diese Regel getreulich zu beobach-
ten bestrebt sein. Unzweifelhaft habe die Regierung keinerlei Absicht, von
ihrer Aufgabe abzustehen bevor dieselbe erfüllt sei; sie habe aber auch kei-
nerlei Befugnis oder keinerlei Recht, ihrer Aufgabe die von Lord Carnarvon
verlangte Ausdehnung zu geben.
15. August — 16. September. (Dockarbeiterstreik.) In
London bricht ein großer Streik der Dockarbeiter aus.
Am 17. August sind 4000 Mann ausständig, am 26. bereits
ca. 100,000, am 3. September ca. 180,000 Mann. Von diesem
Tage an beginnt die Zahl wieder zu sinken.
Die Forderung der Streikenden besteht in einer Lohnerhöhung bis
auf 6 Pence die Stunde mit einem Minimallohn von 2 Schilling den Tag
und Abschaffung des Systems der Arbeitspächter. Der Direktionsrat der
Docks lehnt anfangs die Forderungen vollständig ab. Am 29. gibt er indes
nach und erklärt seine Bereitwilligkeit, einen Arbeitslohn von 5 Pence pro
Stunde und bei aller Arbeit, die nicht Stückarbeit ist, einen solchen von
6 Pence für Ueberstunden zu bewilligen, und ferner anstatt der Kontrakt-
arbeit die Stückarbeit einzuführen, bei welcher die Arbeiter einen Lohn von
6 Pence pro Stunde und einen solchen von 8 Pence für Ueberstundenarbeit
verdienen würden. Der Führer der Streikenden, der sozialistische Deputierte
rrns erklärt jedoch, die Streikenden würden diese Vorschläge niemals an-
nehmen.
Am 30. August fordert der Generalausschuß der streikenden
Hafenarbeiter durch ein Manifest die Arbeiter aller Gewerke Lon-
dons auf, von Montag ab sich dem Streike anzuschließen, falls die
Dock-Kompanien nicht bis Sonnabend mittag die Forderungen der
Hafenarbeiter voll bewilligen.
Allein zwei Tage darauf zieht er bereits diese Aufforderung
zurück und richtet an die Gewerkvereine Englands und des Aus-
landes das Ersuchen, finanzielle Unterstützungen für die Streikenden
beizusteuern.
Bei der großen Not an Bedürfnissen aller Art, die dadurch
entstanden, daß hunderte von Schiffen aller Art ungelöscht im
Hafen liegen, gelingt es endlich den unermüdlichen Vermittlungs-
versuchen des Lord-Mayors, des Kardinal Manning und des Bischofs
von London am 16. September einen Kompromiß zu stande zu