Großbritannien. (August 21. —Oktober Anf.) 203
Erhaltung des Friedens als England, das Angefichts seiner in allen Welt-
teilen bestehenden Interessen jeder Eventualität gegenüber die Freiheit haben
müsse, diejenige Politik zu adoptieren, die seinen Interessen am besten ent-
spreche. Von den Mächten werde die Gerechtigkeit dieses Vorbehaltes Eng-
lands anerkannt. Labouchere erwidert, er würde befriedigt sein durch diese
Antwort, wenn Fergusson die Versicherung erteile, daß Lord Salisbury seit
der Uebernahme der Regierung Italien keinerlei Mitteilung gemacht habe,
welche dasselbe vermuten lassen könnte, daß die englische Regierung Italien
eventuell gegen die Folgen seiner Allianz mit Deutschland im mittelländischen
Meere schützen werde. Wenn Fergusson aber bei der allgemeinen Erklärung
des vorigen Jahres beharre, so halte er an dem Glauben fest, daß ein ge-
heimes Einverständnis zwischen Salisbury und der Tripelallianz bestehe
Die Tripelallianz sei gegen Frankreich gerichtet, und Lord Salisbury scheine
einen besonderen Haß auf Frankreich zu haben. Der erste Lord des Schatzes,
Smith, erklärt, es sei auch nicht das Atom eines Grundes vorhanden für
solche Lord Salisbury und der englischen Regierung von Labouchere zuge-
schriebenen Ansichten.
21. August. (Irische Verwaltung.) Im Unterhause kommt
es zu heftigen Debatten über die irische Verwaltung.
Der irische Abg. Sexton unterzieht die Verwaltung des Obersekretärs
für Irland, Balfour, einer überaus scharfen Kritik. Balfours Politik, be-
hauptet er, bestehe in der Handhabung eines grundschlechten Gesetzes, ge-
paart mit willkürlicher Anwendung physischer Gewalt und mit systematischer
Unterdrückung der Wahrheit. Balfour verteidigt sich und seine Handhabung
des Zwangsgesetzes in erschöpfender Rede. Die Parnelliten setzen indes die
Debatte in sehr feindseligem Sinne fort und Sexton beantragt die Strei-
chung de Gehaltes für Balfour. Der Antrag wird jedoch nach mehrstün-
diger Debatte, an der auch Parnell teilnahm, mit 112 gegen 83 Stimmen
verworfen und der Posten schließlich genehmigt.
2. Hälfte September. (Die Affäre Parnell.) Patrick
Delancy, ein zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe verurteilter Fenier,
welcher in den Verhandlungen gegen Parnell zu dessen Ungunsten
auftrat, gibt in einem an den „Dublin Freeman“ gerichteten Schrei-
ben an, daß er seine Aussagen zurückziehen wolle.
Die „Times“ haben ihm versprochen, seine Freilassung zu bewirken,
wenn er nur tüchtig Parnell belaste. Er habe daher falsch geschworen. Da
die „Times“ ihr Wort nicht gehalten, so müsse er sich rein waschen. Die
Regierung beauftragt einen Ausschuß, die Angelegenheit umgehend zu unter-
suchen und der Kommission das Ergebnis vorzulegen.
Anf. Oktober. (Englands und Italiens Beziehungen
zum Dreibunde.) Die „Contemporary Review“ veröffentlicht
einen Aufsehen erregenden Artikel, worin Englands und Italiens
Beziehungen zum Dreibunde einer feindlichen Kritik unterzogen
werden.
Der Verfasser des Artikels vermutet, daß Lord Salisbury im Namen
des Tory-Kabinets den Vertretern des Dreibundes die mündliche Zusage er-
teilt habe, daß England einen etwaigen Rachekrieg Frankreichs als eine
enropäische Gefahr ansehen würde, wodurch es sich für verpflichtet hielte, die
italienischen Küsten zu beschützen. Der Verfasser erklärt, daß solche Zusiche-