208 K####kreich. (Februar 6.—9.)
Die Aufregung über das Resultat ist eine allgemeine.
In dem Ministerrat, der in der Nacht alsbald bei dem Prä-
sidenten Carnot abgehalten wurde, bietet Floquet den Rücktritt des
Kabinets an. Carnot bittet die Minister, auf ihrem Posten zu
bleiben, da zu ihrem Rücktritt kein Anlaß vorliege. Er citiert
dabei das Wort von Thiers: „Ernst muß man die Dinge immer
nehmen, tragisch nie!“
6. Februar. (Antideutsche Kundgebung.) Sämtliche
Pariser Journale bringen den Text eines Tagesbefehls des Obersten
Senart, Kommandeur des 90. Infanterieregiments,
in welchem derselbe das Verfahren der deutschen Botschaft als un-
menschlich bezeichnet, weil dieselbe — nach der übrigens ungenauen Behaup-
tung des Obersten — dem Stabsarzte seines Regiments Endes, welcher sich
nach Straßburg i. E. zu seiner schwer erkrankten Mutter begeben wollte,
das Paß-Visa verweigert habe. Der Tagesbefehl weist die Kompagnieführer
an, diesen Tagesbefehl den Mannschaften vorzulesen und gehörig zu kom-
mentieren, damit denselben diejenigen Gefühle eingeprägt werden, von denen
jeder französische Soldat gegen Deutschland beseelt sein müsse.
Der Befehl erregt gewaltiges Aufsehen, so daß am Tage
darauf der Kriegsminister gegen den Oberst eine Untersuchung an-
ordnet. Das Journal des Debats findet diese Untersuchung gerecht-
fertigt.
Es handle sich nicht darum, zu wissen, ob die deutschen Behörden es
an Humanität hätten fehlen lassen oder nicht; es könne aber unmöglich ge-
stattet werden, daß ein Oberst sich in einem an seine Soldaten gerichteten
Tagesbefehl über deutsche Behörden äußere; auch sei es von Wichtigkeit,
daß das Vorgehen des Obersten Senard nicht zu einem Präzedenzfall werde.
Gleichzeitig richtet der Kriegsminister Freycinet noch ein
Rundschreiben an die Kommandeure der Armeekorps, in welchem
es heißt:
„Ich ersuche Sie, die unter Ihrem Befehl stehenden Truppen darauf
hinzuweisen, daß alle politischen öffentlichen Kundgebungen, welcher Natur
dieselben auch seien, formell untersagt sind. Wenn sich die Chefs mündlich
oder schriftlich an die ihnen untergebenen Truppen wenden, so müssen die-
selben sich jeglicher Anspielung auf die Politik, sei es auf die innere, sei es
auf die äasees, enthalten. Ich habe die seltenen Ausschreitungen hiergegen
bestraft und werde dieselben, sollten sie sich in Zukunft wiederholen, noch
viel strenger bestrafen. Ich rechne auf den guten Geist aller, damit ich solche
Maßregeln vermeiden kann, welche ich mit Bedauern, aber ohne Zögern er-
greifen würde."“
9. Februar. (Budget.) Der Deputiertenkammer wird das
Budget für 1890 vorgelegt.
Die Einnahmen und Ausgaben darin sind auf 3037 Mil-
lionen veranschlagt, während dieselben im Jahre vorher um 3013
Millionen balanzierten.