Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

12 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 20.) 
sie stets mit aller Entschiedenheit protestiren: gegen den Vorwurf, einen Ver- 
stoß gegen die unserem Königlichen Herrn schuldige Ehrerbietung begangen 
zu haben. Alle Verläumdungen in dieser Richtung prallen an der Geschichte 
der „Kreuz-Zeitung“, in welcher jedes Blatt von unentwegter Königstreue, 
auch zu einer Zeit und unter Umständen, wo es nicht „opportun", ja ge- 
fährlich war, sich zu ihr zu bekennen, Zeugnis ablegt, machtlos ab. 
„Jeder, der unseren Artikel: „Das monarchische Gefühl“ ohne Vor- 
eingenommenheit liest, wird erkennen, daß auch aus ihm nur die wärmste 
Königstreue und die bange Sorge um das ungeschmälerte Ansehen unseres 
Herrscherhauses hervorleuchtet. Warum das der Fall, erläutern wir hier 
aus begreiflichen Gründen nicht ausführlicher; am allerwenigsten lassen wir 
uns durch die haltlose, hundertmal vorgebrachte Insinuation der „Nordd. 
Allg. Ztg.“, daß wir mit der freisinnigen Presse uns brüderlich zusammen- 
fänden, dazu verleiten. Wer diese Presse im Inlande wie im Auslande 
aufmerksam verfolgt, weiß, daß von ihr kein Blatt mit annähernd gleicher 
Intensität gehaßt wird, wie die „Kreuz-Zeitung“: Königtum von Gottes 
Gnaden und christlicher Staat, das ist der Feind. Weil niemand diese In- 
stitutionen mit gleicher unerschütterlicher Festigkeit und Opferwilligkeit ver- 
teidigt, wie die „Kreuz-Zeitung“, deshalb heißt es auf der ganzen Linie: 
Ecrasez l’infame."“ 
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ macht dann über die 
Entstehung der Erklärung der konservativen Parteileitung gegen die 
„Kreuz-Zeitung"“ folgende Angabe: 
„Die Vorstände der konservativen Fraktionen des Reichstages und des 
Abgeordnetenhauses und, soweit dieselben zur Stelle waren, die des Herren- 
hauses haben aus dem mit den Worten „Das monarchische Gefühl“ begin- 
nenden Artikel der „Kreuz-Zeitung“ Anlaß zu einer gemeinsamen Beratung 
genommen. In dieser Beratung ist eine Erklärung beschlossen worden, welche 
als offizielle Kundgebung der konservativen Parteileitung gekennzeichnet wird.“ 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ teilt nun die bewußte Erklärung 
mit und setzt hinzu: 
„Gleichzeitig ist von diesem Beschlusse in angemessener Weise Sr. 
Majestät dem Kaiser und König und dem Reichskanzler Fürsten Bismarck 
Mitteilung erstattet worden.“ 
Die „Germania“ bemerkt in Bezug auf die Stellung der 
konservativen Partei gegenüber dem „Kreuzzeitungs“-Artikel: 
„Daß die Erklärung (der konservativen Parteileitung) einstimmig be- 
schlossen worden, meldet die „Nordd. Allg. Ztg.“ nicht, und in dem Wort- 
laut der Erklärung heißt es nur, daß die Publikation „in der Partei“ be- 
dauert werde. Daß diese Ausdrucksweise gewählt wurde, statt „von der 
Partei“, legt sogar dirett nahe, daß keine Einstimmigkeit vorhanden ist. Ist 
ja doch auch der Chefredakteur der „Kreuz-Zeitung“, Frhr. v. Hammerstein, 
selbst Mitglied der Parteileitung. In der Erklärung der „Kreuz-Zeitung“ 
zur Erklärung der Parteileitung liegt auch kein Widerruf, sondern gerade 
die Berufung „auf alte im Kampfe bewährte Traditionen“ der „Kreuz-Zei- 
tung.“ Nur das wird gesagt, daß die „Kreuz-Zeitung“ allein die Konse- 
quenzen ihres Artikels trage, und gegen Mißdeutungen des Artikels wird 
die königstreue Vergangenheit der „Kreuz-Zeitung“ ins Treffen geführt. 
Daß aber die große Mehrheit der Anwesenden — gerade Herrenhaus- Vor 
stände fehlten! — zur Erklärung der „Konserv. Korresp.“, ihre Zustimmung 
gegeben, ist wohl daraus zu schließen, daß die „Kreuz-Zeitung“ in der Er-
	        
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