Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

16 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 26.) 
vorgelegt werden müssen, so würden wir dadurch über die Art des Vorgehens, 
das beabsichtigt wird, schon einen Feldzugsplan klarlegen, der vom Feinde 
vermöge der raschen telegraphischen Verbindung nach Zanzibar, vermöge der 
vielen Gegner, die wir in unseren kolonialen Bestrebungen haben, nicht nur 
im Inland, sofort benützt werden würde, und ich halte das nicht für nützlich. 
Es würde das in derselben Richtung wirken, wie die Enttäuschung meiner 
Hoffnungen, daß wir vielleicht schon vorgestern oder gestern diese ganze Sache 
hätten erledigen können. Zeit in dieser Frage ist nicht Geld, wie die Leute 
sagen, sondern Zeit ist Blut. Je später wir kommen, desto mehr Blut wird 
die Sache kosten. Die Leute organisieren sich ja auch mit der Zeit, und je 
mehr sie darauf gefaßt werden. Glauben Sie nicht, daß die telegraphischen 
Nachrichten über das, was wir heute hier sprechen, dort in Zanzibar aus- 
bleiben werden; dazu sind viel zu viel Europäer und Feinde unserer deutschen 
Bestrebungen dabei beteiligt. 
Ich halte es deshalb nicht für nützlich, öffentlich zu bekunden, was wir 
an Waffen, an Schiffen, an Mannschaften überhaupt anschaffen wollen, sondern 
darüber müssen wir ein Dunkel schweben lassen, und ich glaube, daß jeder- 
mann, der nicht Parteipolitik, sondern Staatspolitik, geläutert durch mili- 
tärische Auffassungen, betreibt, mir darin beistimmen wird, daß wir in dieser 
Beziehung, in Bezug auf das Kampfmaterial, das wir an Menschen, an 
Waffen, an Schiffen überhaupt anschaffen, schweigsam sein sollen. Ich wenig- 
stens werde mich darüber bestimmt nicht äußern. 
Ich habe unter vertraulichen Mitteilungen — die Einschaltung in 
der Vorlage beruht auf einer eigenhändigen Randbemerkung von mir — 
verstanden, daß ich oder der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes mit 
hervorragenden Abgeordneten sprechen würde, um diese zu informieren, damit 
sie vertraulich, soweit — das wird ja ein weiter Bezirk sein — sie der Ver- 
schwiegenheit vollständig sicher sind, dergleichen weiter mitteilen. Aber, wenn 
die Herren glauben, daß im Ausschuß irgend etwas geäußert werden könnte 
von der Regierungsseite, was hier im Plenum nicht geäußert wurde, so 
muß ich diesem Irrtum widersprechen. Im Ausschuß kann nur wiederholt 
werden, was — ich glaube, es war am 14. Dezember — gesagt worden ist, 
und diejenige Vervollständigung dieser Erläuterungen, welche ich mir heut 
zu geben erlaubte. 
Ich erwähnte schon, daß der Herr Vorredner mir eine Verantwortung 
zumutet, die weder ich noch irgend einer meiner Nachfolger von Berlin aus 
leisten könnte, weder für Vorgänge, welche sich in Sansibar zutragen, noch 
auch für die Handlungen der Gesellschaft. Die Rede des Herrn Abgeord- 
neten Bamberger halte ich wesentlich gegen die Gesellschaft gerichtet, und ich 
muß es der Gesellschaft überlassen, sich dagegen zu verantworten. Ich teile 
eine Menge seiner Bedenken über das Verfahren derselben; aber ich glaube, 
weder Sie noch ich haben die Zeit, diese Frage hier zu diskutieren. 
Die ganze Blockade halte ich nicht für sehr wesentlich. Wirksam ist 
sie auf dem deutschen, südlichen Gebiet vermöge der strengen Gewissenhaftig- 
keit, welche deutsche Organe überhaupt in der Ausführung ihrer Aufträge 
haben. Ob sie generell wirksam ist, darüber habe ich nicht sichere Nachrich- 
ten; manche Nachrichten, deren Glaubwürdigkeit ich dahingestellt sein lasse, 
lassen dies zweifelhaft erscheinen. Die Blockade ist mir auch von Hause aus 
nicht als ein Mittel erschienen, die Sklaverei tot zu machen, — denn sie 
trifft ja nur die Ausfuhr der Sklaven und die doch auch nur unvollständig, 
— sondern ich habe in deren Herstellung einen Beweis der afrikanischen 
Küste gegenüber gesehen, daß Deutschland und England einig sind; das halte 
ich für sehr wichtig, daß die Eingebornen der Küste den Eindruck haben und 
behalten, daß zwischen den beiden bei Zanzibar überhaupt in Frage kom-
	        
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