Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

298 Rumãnien. (Januar 26. - April 4.) 
Am folgenden Tage lehnt die Deputiertenkammer den An— 
trag auf die Wiederherstellung der Freihäfen in Galatz und Braila 
mit 110 gegen 56 Stimmen ab. Die Abstimmung ergab eine 
Spaltung der Konservativen, indem ein Teil derselben für die Re- 
gierung, ein anderer Teil gegen dieselbe stimmte. 
26. Januar. (Ministerkrisis.) Das Votum der Kammer 
in betreff der Freihäfen führt eine Ministerkrisis herbei. Catargi 
und Blaremberg geben ihre Demission als Präsident und Vize- 
präsident der Kammer. Die Kammer verweigert die Annahme, 
auch nach zweimal wiederholter Einreichung der Demission. Ca- 
targi und Blaremberg halten jedoch ihren Entschluß aufrecht. 
Bei der Wahl am 28. wählt die Kammer Catargi als Prä- 
sidenten wieder; zum Vizepräsidenten wird Protopopesko gewählt. 
Ende Januar. (Die russischen Bilderhändler.) Die 
Regierung erläßt eine gegen das Hausiergeschäft der russischen Bilder- 
händler gerichtete Verfügung, weil diese Bilderhändler vielfach Spione 
und Agenten der russischen Agitationspartei find. 
Das Hauptgeschäft sei der Vertrieb von Bildnissen des „Zar-Befreiers", 
der kaiserlich russischen Familie, des Generals Skobeleff und dergleichen 
Kunstwerken, welche nahezu umsonst mit möglichster Hervorhebung der Größe 
und Macht Rußlands und der Verdienste seiner Herrscher um das orthodoxe 
Christentum den rumänischen Bauern angehängt würden. Die Regierung 
habe das formelle Recht gegen eine solche Ueberschreitung des nur zu Gunsten 
der Heiligenbilder eine Ausnahme machenden Hausierverbotes für die Land- 
gemeinden auf administrativem Wege vorzugehen. 
21. Februar. (Anklage gegen Bratianu.) Der Abg. 
Blaremberg reicht mit 21 andern Abgeordneten verschiedener Partei- 
ungen, die indes allesamt in ihren französisch-panslawistischen Sym- 
pathien wie in ihrer Feindschaft gegen die Dynastie zusammen- 
treffen, in der Kammer den Antrag ein, das Ministerium Bratiann 
in Anklagezustand zu versetzen. 
Zu den wichtigeren in dem Antrag aufgezählten Punkten gehören die 
Verstaatlichung der Eisenbahnen, der Verlust Bessarabiens, die Donaufrage 
und anderes mehr. In allen diesen Fragen wird Bratiannu angeschuldigt, 
die Interessen des Staates böswillig verletzt und die Volksvertretung über 
den wahren Stand der Dinge absichtlich irregeführt zu haben. 
Der Antrag wird (21.) mit 101 gegen 41 Stimmen ange- 
nommen. Die Untersuchungskommission wird aus 7 Mitgliedern 
bestehen. 
4. April. (Prinz Ferdinand von Hohenzollern) wirod, 
nachdem Prinz Wilhelm, der älteste Sohn des Fürsten Leopold von 
Hohenzollern, Bruder des Königs, die Erklärung abgegeben, zu 
Gunsten seines jüngeren Bruders auf die Thronfolge in Rumänien
	        
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