306 Serbien. (März 6.)
als zu gehen, wenn ich mein Land, meine Politik und meine Dynastie vor
den gefährlichsten Schwankungen bewahren wollte."
Der König sprach sodann über seine Reisepläne nach dem
Orient oder Spanien, sagte, daß er nach einem Jahre zurückkehren
und sich in Belgrad oder in der Provinz niederlassen werde, um
die Erziehung seines Sohnes zu leiten, und erklärte schließlich, er
werde den entscheidendsten Schritt seines Lebens nie bereuen.
An die Spitze des während der Minderjährigkeit König
Alexanders die Regierung leitenden Regentschaftskomitees beruft
König Milan Ristitsch, nachdem zwischen beiden eine schriftliche
Verständigung stattgefunden hat, die nach dem Bericht der „Köln.
Ztg.“ namentlich die folgenden drei Punkte umfaßt:
So lange Alexander I. minderjährig, verpflichtet sich die Regentschaft,
der Königin Natalie die Einwilligung zu bleibendem Aufenthalt in Serbien
nicht zu erteilen; etwaige Zusammenkünfte zwischen Mutter und Sohn
außerhalb des Landes sollen mit Einwilligung der Regentschaft zulässig sein.
Ferner verpflichtet sich die Regentschaft, die Verfassung im Sinne des Königs
loyal durchzuführen, um dem künftigen Könige geordnete, verfassungsmäßige
Zustände vorzubereiten und endlich die vom Könige eingeleitete auswärtige
Politik, welche den Interessen Serbiens so sehr entspricht, nicht zu ändern.
Ueberdies erklärte Ristitsch, die Bemühungen der Regentschaft dahin richten
zu wollen, daß die Parteieinflüsse auf das engste politische Gebiet beschränkt
würden, um namentlich die Kirche, die Justiz, die Schule, die Armee und
das selbständige Gemeindeleben, bei welchem nur Ehrlichkeit und Fähigkeit
maßgebend sein sollen, dem Parteigetriebe fernzuhalten.
Die neue serbische Verfassung enthält folgende Bestimmungen: § 68.
Während der Minderjährigkeit des Königs kann keine Aenderung der Ver-
fassung vorgenommen werden. § 70. Wenn der König bei Lebzeiten die
Macht auf den minderjährigen Thronfolger überträgt, so hat er das Recht,
alle drei Regenten zu ernennen.
Das neue serbische Kabinet, das sich am 5. konstituiert, ist, wie
folgt, zusammengesetzt: Der General und Staatsrat Sava Gruic übernimmt
das Ministerium des Aeußern und das Präsidium, Peter Velimirovic öffent-
liche Arbeiten, Dr. Michael Buic Finanzen, Svetozar Milosavljevic Kultus
und Unterricht, Gregor Gersic Justiz, Stefan R. Popovic Handel, Konstantin
Tausanovic Inneres, Demeter Gjuric Krieg.
Das Manifest des Königs Milan an das serbische Volk be-
ginnt mit der Erklärung,
die Thronentsagung sei die Folge einer seit langer Zeit gereiften Ab-
sicht. Die Wahl des vorgestrigen Tages für die Thronentsagung sei erfolgt,
weil dieser Tag der Jahrestag der großen serbischen Errungenschaft: der
Proklamierung Serbiens zum Königreich sei. Das Manifest legt sodann
die Grundsätze dar, von denen der König sich in der inneren und auswär-
tigen Politik habe leiten lassen, nämlich: Serbien zu einem modernen Rechts-
staate und zu einem Elemente der Ordnung und Ruhe auf der Balkanhalb-
insel zu gestalten. Ein im 19. Jahrhundert entstandener Staat müsse den
Fortschritt der Kultur und Civilisation anstreben, wie teuer dies auch komme!
Er rufe dies als scheidender König den Serben erneut ins Gedächtnis. Die