314 Lerbien. (Oktober 27.—Dezember 1. Hälfte.)
seit der letzten Skupschtina-Session eingetretenen Ereignisse, die neue Ver-
fassung, die Thronentsagung, die Einsetzung der Regenten und die Salbung
des Konigs, und bezeichnet die Thronentsagung als einen Akt patriotischer
Opferwilligkeit des Rönigs Milan. Die Nation habe diesen Akt als den
Beginn eines vorgeschrittenen parlamentarischen Regimes begrüßt, da dieselbe
in dem Könige Alerander den Träger einer neuen und glücklicheren Aera
erblicke. In der Rede wird weiterhin den fremden Herrschern und Staats-
oberhäuptern, welche den König beglückwünschten, der Dank ausgesprochen.
Sodann werden die Aufgaben der nächsten Session betont und freundschaft-
liche und normale Beziehungen zu den Nachbarstaaten und den übrigen
Staaten konstatiert. Endlich wird der feste Wille ausgedrückt, Eintracht und
Frieden auf der Balkanhalbinsel zu pflegen und eine selbständige Entwicke-
lung der Völker der Halbinsel anzustreben.
27. Oktober. (Adresse.) Die Skupschtina beginnt die Be-
ratung der Adresse an den König.
Der auf die Beziehungen zu den auswärtigen Mächten bezügliche
Passus der Adresse betont die Genugthuung darüber, daß die Beziehungen
sowohl zu den Nachbarstaaten als auch zu den anderen Staaten normale
und freundschaftliche seien. Die Skupschtina hoffe, das in der Thronrede
ausgedrückte Bestreben der Regentschaft, im Einvernehmen mit den übrigen
Balkanvölkern die Eintracht und den Frieden auf der Halbinsel und die
selbständige Entwickelung der Balkanvölker zu wahren, werde die Anerkennung
und Zustimmung aller Balkanvölker finden. Indem die Skupschtina für die
wohlwollende Aufmerksamkeit Europas bei der Salbung des Königs dankte,
spreche sie ihre besondere Freude aus über den Beweis warmer Sympathie
von seiten des Kaisers von Rußland, der durch die Abordnung eines Spezial-
gesandten zu der Salbung des Königs einen wertvollen Beweis seiner herz-
lichen Gesinnungen für die serbische Nation und die serbische Dynastie ge-
geben habe. Schließlich erklärt die Skupschtina, sie- werde mit allen Kräften
dafür wirken, daß die Hoffnung auf den mit der Thronbesteigung des Königs
Alexander zu erwartenden Beginn besserer, glücklicherer Tage für Serbien
zur Wahrheit werde.
Die österreichische Presse macht auf den unterwürfigen Ton
gegen Rußland, der in der Adresse der serbischen Skupschtina vor-
waltet, aufmerksam und weist auf den Gegensatz hin, der in dieser
Hinsicht zwischen Adresse und Thronrede besteht. Die „Neue Freie
Presse“ meint, man habe in Oesterreich wenig Ursache, mit dem
Gange der Dinge in Serbien zufrieden zu sein. Am Tage darauf
(28.) wird die Adresse, deren Fassung auch die Liberalen acceptieren,
dem Regenten Ristitsch überreicht.
Anfang Dezember. (Das Budget) weist ein Defizit von
4,224,5 41 Frks. auf; dasselbe soll durch die neu einzuführende
Konsumsteuer und durch Ersparnisse auf allen Verwaltungsgebieten
gedeckt werden.
1. Hälfte Dezember. (Uebernahme des Salzmonopols
auf eigene Rechnung.) Die Regierung bahnt ein Arrangement