328 Gst-, Sn und Westsfrika. (Januar 15.)
würde, was erforderlich wäre, um ihm Gehorsam zu verschaffen. Das nenne
ich eben die Woche mit dem Sonnabend anfangen oder das Ziel und das
Ergebnis, das durch mühsame langjährige Arbeit zu erreichen ist, vorweg
nehmen wollen. So ist die Sache nicht; unsere ganzen kolonialen Unter-
nehmungen sind nicht auf einen Nutzen in 3 bis 4 Jahren berechnet, die
seit dem ersten Anfang verflossen sind, sondern Sie können sie allenfalls
vergleichen mit der Mutung eines Bergwerks, das man nicht sofort in vollen
Angriff nehmen kann, für welches man aber doch dem Erben sichere Grenzen,
die von anderen Mächten nicht mehr übertreten werden, übermacht; — oder
ein Beispiel, das uns näher liegt, — wie wenn jemand in Lichterfelde, oder
dort, wo die Baulust sich hinbegibt, vor 30 Jahren sich ein Grundstück er-
worben hat und den Besitztitel liegen läßt, bis die Zeit kommt, wo er das
Grundstück bebaut oder vorteilhaft verwertet. Wir sind — und namentlich
die öffentliche Erwartung ist in der ganzen Kolonialfrage vielleicht etwas
zu rasch gegangen; — — aber ich komme unwillkürlich hinein in das, was,
was ich heute nicht sagen will.“
Darauf wird die Regierungsvorlage bewilligt.
Bei den außerordentlichen Ausgaben für Südwestafrika (102,000
statt bisher 51,000 Mk.) die alsdann zur Diskussion kommen, wendet sich
Abg. Bamberger gegen diesen Mehrbetrag. Man wisse nicht, in welchem
Zustande sich die südwestafrikanische Kolonie befinde, von der man seit drei
Jahren nichts gehört habe. Die Gesellschaft habe abgewirtschaftet und be-
sitte kaum noch 200,000 Mk., und obenein erkläre jetzt der dortige Häupt-
ling Kamaherero alle den Deutschen gemachten Konzessionen für null und
nichtig. Deshalb müsse er die Mehrbewilligung ablehnen.
Reichskanzler Fürst v. Bismarck: Ich möchte dem Herrn Abgeord-
neten auf seine letzten Worte erwidern: wer patriotischen Sinnes ist, der
nimmt nicht gerade öffentlich gegen die Regierung seines Landes Partei in
einer Frage, über die sie im Augenblick in entscheidenden Unterhandlungen
mit der mitbeteiligten ausländischen Regierung steht. (Lebhaftes Bravo rechts.)
Und der Herr Vorredner hat uns in den Verhandlungen, in denen wir
augenblicklich mit England über Südwestafrika stehen, auf das erheblichste
geschädigt, - und wenn sie mißlingen, mache ich ihn dafür verantwortlich.
(Bravol rechts.)
Der Herr Vorredner ist der Meinung gewesen, daß erst bei der ersten
Uebernahme zur Zeit des Holländers, dessen Namen ich vergesse, und den
er eben nannte — der erste Muter dieser Konzession (Zuruf), — Lüderitz, —
daß es da in dem ersten Programm unserer Kolonialpolitik gelegen hätte,
auf die Sache einzugehen und die Bemühnngen dieses thätigen Reichsange-
hörigen — er war kein Holländer von Geburt, er sprach aber vorwiegend
holländisch — zu schützen und zu decken. Nun gut, wie haben sich denn
seitdem die Dinge gestaltet? Ich will nicht, wie Herr Woermann vorher
dem Herrn Abgeordneten Richter, so jetzt dem Abgeordneten Bamberger Un-
bekanntschaft mit den Dingen, über die er gesprochen hat, vorwerfen, und
Unwissenheit in den Dingen, die er hier öffentlich verhandelt. Ich bin auch
gar nicht im stande, ihm vollständig, ohne die Interessen der Beteiligten zu
schädigen, klar zu legen, wie die Sache liegt. Ich kann ihn darauf hin-
weisen, daß gerade diese Kolonie und ihre Hoffnungen sich in den letzten
Jahren günstig und für die Zukunft verfprechend entwickelt haben, und daß
wir, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, diesen englischen Einbruch in
die englische Rivalität gar nicht zu befürchten gehabt hätten. (Hört! hört!
rechts.) Um nichts, um eine Sandbüchse, wie das geschildert ist, laufen die
Engländer nicht hunderte von Meilen über Land mit Waffen und Pferden,
um Verabredungen anzufechten, die wir mit der englischen Regierung früher