Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Das Deutsche Reih und seine einzelnen Glieder. (Januar 12.) 3 
Gott, der meinen reinen Willen kennt, wird meine schwachen Kräfte 
stützen. Und ich bin schon jetzt dem Herrn zum Danke verbunden, daß er 
mir die Erfüllung meiner Pflichten erleichtert durch das große wahrhaft 
Königliche Herz Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät, welches alle 
Ihre Unterthanen mit gleicher Liebe umfaßt und auch deshalb noch mehr 
das Recht hat, von allen nicht bloß äußeren Gehorsam, sondern auch ehr— 
furchtsvolle Liebe und Hingebung zu fordern und alle Unterthanen in un— 
unrare Treue und freudiger Ergebenheit um Ihren erhabenen Thron 
zu scharen 
Tief bewegt bringe ich Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät 
meinen allerunterthänigsten Dank für das Vertrauen dar, welches Allerhöchst- 
dieselben in der Wahl meiner Person zu diesem hohen, aber schwierigen 
Amte mir zu bekunden Allergnädigst geruht haben. Bald werde ich Gott 
als Zeugen meines Gelöbnisses der Ergebenheit und Treue Eurer Kaiser- 
lichen und Königlichen Majestät anrufen. In diesem Augenblick drängt es 
mich aber, noch einen anderen Dank auszusprechen. Eure Kaiserliche und 
Königliche Majestät haben die großen Aufgaben der ernsten Zeit, wie kaum 
bisher ein Herrscher, klar und kühn erfaßt und inmitten derselben auf die 
Religion als den festen Sammel= und Stützpunkt der Menschheit hingewiesen. 
Stat crux dum volvitur orbis. Ich blicke deshalb mit voller Ruhe und 
Zuversicht als katholischer Bischof im preußischen Staate in die Zukunft, 
da ich fest überzeugt bin, daß die religiösen und kirchlichen Interessen aller 
katholischen Unterthanen Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät, also 
auch die meiner Diözesen, gebührende Pflege und Schutz in Allerhöchstihrem 
Königlichen Herzen finden werden und ich bitte zu Gott, daß ferne Ge- 
schlechter den Namen Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät dankbar 
segnen mögen.“ 
Nunmehr leistete der Erzbischof den Eid wörtlich dahin ab: 
„Ich Florian von Stablewski, ernannter Erzbischof von Gnesen und 
Posen, schwöre einen Eid zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden auf 
das heilige Evangelium, daß, nachdem ich auf den erzbischöflichen Stuhl von 
Gnesen und Posen erhoben worden bin, ich Seiner Königlichen Majestät von 
Preußen Wilhelm und Allerhöchstdessen rechtmäßigem Nachfolger in der Re- 
gierung als meinem Allergnädigsten Könige und Landesherrn unterthänig, 
treu, gehorsam und ergeben sein, Allerhöchstdero Bestes nach meinem Ver- 
mögen befördern, Schaden und Nachteil aber verhüten und besonders dahin 
streben will, daß in den Gemütern der meiner bischöflichen Leitung anver- 
trauten Geistlichen und Gemeinden die Gesinnungen der Ehrfurcht und Treue 
gegen den König, die Liebe zum Vaterlande, der Gehorsam gegen die Gesetze 
und alle jene Tugenden, die in dem Christen den guten Unterthan bezeichnen, 
mit Sorgfalt gepflegt werden, und daß ich nicht dulden will, daß von der 
mir untergebenen Geistlichkeit in entgegengesetztem Sinne gelehrt und ge- 
handelt werde. Insbesondere gelobe ich, daß ich keine Gemeinschaft oder 
Verbindung, sei es innerhalb oder außerhalb des Landes, unterhalten will, 
welche der öffentlichen Sicherheit gefährlich sein könnten, und will, wenn ich 
erfahren sollte, daß in meinen Diözesen oder anderswo Anschläge gemacht 
werden, die zum Nachteil des Staates gereichen könnten, hiervon Seiner 
Königlichen Majestät Anzeige machen. Ich verspreche, dieses alles um so 
unverbrüchlicher zu halten, als ich gewiß bin, daß ich mich durch den Eid, 
welchen ich Seiner Päpstlichen Heiligkeit und der Kirche geleistet habe, 
zu nichts verpflichte, was dem Eide der Treue und Unterthänigkeit gegen 
Seine Königliche Majestät entgegen sein könne. Alles dieses schwöre ich, so 
war mir Gott helfe und sein heiliges Ebangelium. Amen!“ 
1“
	        
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