4 Das Dentsche Reih und seine einzelnen Glieder. (Januar 14.)
Seine Majestät geruhten hierauf, den feierlichen Akt mit folgenden
an den Erzbischof gerichteten huldvollen Worten zu schließen:
„Ich habe es für angezeigt gehalten, Sie, hochwürdiger Herr, bei
Antritt Ihres Amts persönlich zu empfangen und das feierliche Gelöbnis,
welches Sie soeben abgelegt und mit Ihrem Eide bekräftigt haben, Selbst
entgegenzunehmen.
Die Aufgaben, welche Ihrer harren, sind schwer. Sie erfordern bei
den eigentümlichen Verhältnissen Ihrer Diözese in besonderem Maße Weis-
heit und Treue.
Wenn Ich Sie, hochwürdiger Herr, Seiner Heiligkeit dem Papste
zur Berufung auf den erzbischöflichen Stuhl von Gnesen-Posen in Vorschlag
gebracht und Ihnen nunmehr Meine landesherrliche Anerkennung erteilt
habe, so ist dies in dem Vertrauen geschehen, daß Sie in Ihrem verant-
wortungsvollen Amt allzeit die Grundsätze bethätigen werden, die Sie als
Christ und Unterthan Mir, Ihrem Landesherrn, und dem Staat, dessen
Bürger Sie sind, schulden.
Ich erwarte, daß es Ihnen gelingen wird, soweit dies Ihres Amtes
ist, die Gegensätze zu versöhnen, welche bei Kindern eines Landes keine Be-
rechtigung haben, und daß Sie in den Ihrer bischöflichen Obhut anver-
trauten Diözesanen den Geist der Ehrfurcht und Treue gegen Mich und Mein
Haus, des Gehorsams gegen die von Gott geordnete Obrigkeit, der Achtung
vor den Gesetzen des Landes, sowie der Eintracht unter den Bewohnern des-
selben pflegen und nähren werden. Ich hege diese Erwartung mit um so
größerer Zuversicht, da Sie diese Grundsätze selbst als die Ihrigen ohne
Scheu verkündet und Mir dadurch die Gewähr geboten haben, daß der
Hirtenstab der Erzdiözese fortan in einer festen, treuen und gerechten Hand
ruhen wird.
In diesem Sinne heiße ich Sie, hochwürdiger Herr, in Ihrem Amte
willkommen und wünsche Ihnen zur Führung desselben den Segen Gottes!“
Nachdem der Erzbischof von Seiner Majestät entlassen war, wurde
ihm die Allerhöchste Anerkennungsurkunde ausgehändigt, worauf er das über
den Hergang bei der Eidesleistung aufgenommene Protokoll unterschriftlich
vollzog.
Nach Beendigung der Eidesfeierlichkeit geruhten Ihre Mojestät die
Kaiserin und Königin, den Erzbischof im Pfeifersaale des Königlichen
Schlosses zu empfangen. Hierauf fand bei Ihren Majestäten eine Früh-
stückstafel statt, zu welcher außer dem Erzbischof auch die bei dem Akt der
Eidesleistung in Funktion gewesenen Würdenträger und Solennitätszeugen
geladen waren.
14. Januar. (Berlin.) Eröffnung des Landtages. Der
Präsident des Staatsministeriums verliest folgende Thronrede:
Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Landtags!
Seine Majestät der Kaiser und König haben mich mit der Eröffnung
des Landtags der Monarchie zu beauftragen geruht.
Die Lage der Staatsfinanzen hat sich im Laufe dieses Etatsjahres
weniger günstig gestaltet. Während die Rechnung für 1890.91 noch mit
einem ansehnlichen, auf bewilligte Anleihen verrechneten Ueberschusse abschließt,
ist es nicht ausgeschlossen, daß infolge der Steigerung der Ausgaben, nament-
lich bei den Staatseisenbahnen, sich im laufenden Jahre ein jenen Ueber-
schuß übersteigender Fehlbetrag herausstellen wird.
Bei Aufstellung des Ihnen unvergüglich zugehenden Etats hat dem-
gemäß auf allen Gebieten 2 Staatsverwaltung besondere Sparsamkeit
geübt werden müssen. Namentlich hat zum Bedauern der Staatsregierung