Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Das Dentsche Reithh und seine einzelnen Glieder. (Dezember 10.) 199 
dadurch, daß Sie einwilligen in die zweijährige Dienstzeit. Dadurch wird 
eine große Menge von jetzt nicht zum Dienst herangezogenen Leuten in die 
Armee eingestellt, und ich komme damit zur zweiten Resolution des Ab- 
geordneten Windthorst, welche die zweijährige Dienstzeit zur Erwägung 
stellt, und ich kann sagen, daß in dieser Beziehung, vorausgesetzt, daß im 
Gesetz die nötigen Garantien gegeben werden, daß also die zweijährige 
24 gesetzlich erscheint, der damalige Antrag in vollem Umfange er- 
üllt ist. 
Die zweijährige Dienstzeit ist ein Lieblingsgedanke großer Schichten 
des Volkes; ich selbst habe mich — und das ist eine persönliche Bemerkung 
— immer in der Art ausgesprochen, daß ich sie allerdings für möglich 
halte, wenn man gewisse Garantien gibt, daß die Ausbildung nicht darunter 
leidet, daß ich sie aber nicht für wünschenswert gehalten habe; aber man 
wird doch nicht verkennen können, daß gerade vom wirtschaftlichen Stand- 
punkt aus mit der zweijährigen Dienstzeit ein erhebliches Entgegenkommen 
erfolgt, immer gedacht innerhalb der Präsenz. Denn, meine Herren, wenn 
im allgemeinen diese große Masse der Leute, die bei den Fußtruppen ein- 
gezogen wird — es ist ja der bei weitem größte Teil der Armee — nach 
zwei Jahren wirklich sicher ihrem bürgerlichen Beruf zurückgegeben wird, 
so liegt darin ein großer Fortschritt gegenüber dem jetzigen Zustand der 
Dispositionsurlauber. Erstens war auch jetzt ein erheblicher Teil genötigt, 
drei Jahre zu dienen, und diejenigen, die nach zwei Jahren beurlaubt 
wurden, mußten immer gewärtig sein, zurückberufen zu werden, sie konnten 
also Stellungen im bürgerlichen Beruf nicht in der Weise annehmen, sich 
nicht so fest engagieren, wie sie es thun werden können, nachdem sie nach 
zwei Jahren wirklich entlassen werden. Die zweijährige Dienstzeit erfordert 
— das haben wir auch schon früher anerkannt — sicherlich erhebliche Mehr- 
ausgaben, wenn bei der Ausbildung der Leute nicht eine Schädigung der 
Tüchtigkeit der Armee herbeigeführt werden soll. Auch den Gedanken 
möchte ich nicht unausgesprochen lassen, daß die Einführung der zwei- 
jährigen Dienstzeit, wie sie hier gedacht ist, der Armee als solcher mit ihren 
Offizieren und Unteroffizieren eine Aufgabe stellt, die so groß ist und in 
solchem Umfange alle Kräfte bis zum letzten in Anspruch nimmt, daß ich 
nicht weiß, ob wir damit nicht den Pensionsfonds erheblich belasten werden. 
Also, das sind Dinge, die wir uns alle vergegenwärtigen müssen; aber im 
großen und ganzen, wie nun einmal die Strömung in der Bevölkerung ist, 
wird die zweijährige Dienstzeit begrüßt werden als eine wirtschaftliche Er- 
leichterung. Ich möchte auch noch das sagen: gerade für die bürgerlichen 
Gewerbe ist die dreijährige Abwesenheit eines jungen Mannes, der eben die 
Anfangsgründe eines Gewerbes erlernt hat oder eines Handwerks und der- 
gleichen, eine weit schädlichere als die zweijährige, und auch in dieser Be- 
ziehung ist der wirtschaftliche Vorteil nicht zu lengnen. 
Wenn ich nun die übrigen Ziele der verbündeten Regierungen bei 
der Vorlage mir vergegenwärtige, so habe ich bereits erwähnt, daß durch 
die Mehreinstellung von Rekruten infolge der zweijährigen Dienstzeit — die 
Zahlen werden wir ja in der Kommission erfahren — schon an sich eine 
gleichmäßigere Verteilung der Militärlast herbeigeführt wird, sodaß die 
Verjüngung der Armee durch diese Mehreinstellung auch herbeigeführt wird 
— allerdings, das ist zugegeben, nicht in dem Umfange, wie das herbei- 
geführt werden würde, wenn man die 60,000 Rekruten sämtlich einstellte; 
aber es ist da auch ein Abwägen des Für und Gegen nötig, und wir werden 
diese Frage zu erörtern haben. 
Ich gehe nun über zu dem Vorschlag der verbündeten Regierungen, 
diese Friedenspräsenzstärke nicht in der bisherigen Weise zu normieren als 
 
	        
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