Das Fenische Reith und seine einzelnen Glieder. (Dezember 10.) 201
in diesem letzten Septennat ist doch alles mögliche schon vorgekommen. Ich
habe hier ein ganz interessantes Aktenstück vor mir, das beginnt mit dem
Septennatsgesetz, die neuen Vorlagen sind noch nicht darin, und doch hat
sich ein umfangreiches Material angesammelt aus den Militärvorlagen, die
in diesen sieben Jahren uns vorgelegt waren. Das Septennat, gerade die
siebenjährige Festsetzung, war ja damals der Ausgangspunkt für eine Reichs-
tagsauflösung. Ich komme auf die Zeit nicht zurück, ich will nicht alte
Wunden aufreißen, aber es war doch eine Auflösung, die sehr viel Staub
aufgewirbelt hat. Das Septennat wurde jea schließlich bewilligt, aber schon
nach wenigen Jahren wurde die Friedenspräsenz um 18,000 Mann erhöht
und heute sollen wir um einige 80,000 Mann erhäöhen.
Was hat denn da das Septennat für eine Bedeutung? — es hat
die Bedeutung: die verbündeten Regierungen erhalten die Zusage, daß sie
für eine gewisse Zeit mindestens über einen bestimmten Präsenzstand ver-
fügen können, daß sie sich ihrerseits aber vorbehalten, jederzeit weitere Vor-
lagen zu machen und mit allem Gewicht im Reichstag durchzudrücken, die
weitere Bewilligungen in sich schließen. Ich meine, das ist kein richtiges
Verhältnis, das ist kein richtiger Zustand, wie er gegenüber einem Gesetz
mit solchem Wortlaut eintreten sollte.
Nun mache ich der Regierung keinen Vorwurf daraus, daß sie an
und für sich mit den Vorlagen kommt. Wenn sie heute davon durchdrungen
ist: wir müssen nach dieser Richtung weitergehen, — wer will es ihr ver-
wehren? Aber ich meine, wenn man während der sieben Jahre erfahren
hat, daß man nicht in der Lage ist, das zu halten, dann sollte man doch
nicht von neuem mit Gewicht dahin dringen, auch wieder auf längere Pe-
rioden etwas festzulegen. Das find die Erwägungen, zu denen man natür-
lich an der Hand der Erfahrungen, die wir gemacht haben, genötigt wird;
und es wäre gewiß ganz angenehm gewesen, wenn die Regierung auch in
dieser Beziehung etwas weiter, wie geschehen, entgegengekommen wäre. Ob
das anderen Parteien im Hause genehm sein würde, — ich glaube es nicht.
Ich bezweifle auch gar nicht, daß die Herren, die damals auf das Septen-
nat eingeschworen waren, natürlich einen so starken Rückzug nicht wün-
schen, und wir werden ja sehen, wie die Herren sich schließlich zu dieser
Sache stellen.
Ich glaube, die verbündeten Regierungen werden aus meinen Aus-
führungen sehen, daß allerdings ihre Vorschläge auf einen Widerstand stoßen,
und daß wir sehr streng sein werden in der Prüfung der Vorlage nach
jeder Richtung hin. Ich meine aber, die Thronrede gibt einen Ausblick,
indem sie von Verständigung spricht, — ich glaube, der Ausdruck steht da-
rin. Auch wir haben den Wunsch, uns mit den verbündeten Regierungen
zu verständigen, und wir glauben, daß wir uns verständigen können und
verständigen sollten. Denn wenn auch von der einen Seite mehr die Wehr-
haftigkeit und die militärische Bedeutung der Vorlage betont wird, von
unserer Seite naturgemäß die wirtschaftliche Konsequenz der Vorlage mehr
hervortreten muß, so glaube ich, vereinigen wir uns doch in dem einen
Streben, das zu thun, was für das allgemeine Wohl, für das wirtschaft-
liche Gedeihen auf der einen Seite, für die Wehrhaftigkeit, für die Sicher-
heit des Vaterlandes auf der anderen Seite nötig ist. Ich denke, auf diesem
Boden werden wir eine Verständigung suchen und werden sie finden. (Bravo!
im Zentrum.)
Abgeordneter Richter:
Ich kann meiner Rede gleich die Bemerkung vorausschicken, daß ich
mich freue, die Grundauffassungen, welche wir gegenüber dieser Vorlage ver-