Das Perntsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 8.) 85
nalisten= und Schriftstellertag hält Prinz Ludwig von
Bayern als Protektor folgende Rede:
„Geehrte Versammlung! Als ich das Protektorat über den Deutschen
Schriftsteller= und Journalistentag übernahm, geschah es aus zweierlei Grün-
den. Vor allem ist der Zweck des Schriftstellertages, den Schriftstellern und
Journalisten im hohen Alter, das aber schon mit sechzig Jahren beginnen
soll, und ebenso im Falle der Invalidität eine sorgenfreie Zukunft zu geben.
Die Art und Weise, wie dieses Projekt, das hoffentlich Annahme finden
wird, ausgearbeitet ist, ist sehr hübsch und zeichnet sich besonders dadurch
aus, daß es durch die Selbsthilfe aller Teilnehmer, allerdings mit Herbei-
ziehung anderer Stände, insofern sie sich an den Festen und Vergnügungen
und Veranstaltungen der Journalisten und Schriftsteller beteiligen, ermög-
licht wird. Der zweite Grund aber, warum ich das Protektorat übernommen
habe, ist der, daß ich die hohe Bedeutung der Schriftsteller und Journalisten
für unsere ganze Zeit und für die ganze Menschheit hoch zu schätzen weiß.
(Beifall.) Der Schriftsteller, besonders der gelehrte Schriftsteller, macht uns
bekannt mit den Forschungen der Wissenschaft, der exakten Wissenschaft so-
wohl als der geschichtlichen Wissenschaft, sein erstes Streben muß nach
Wahrheit gerichtet sein und Wahrheit gibt's ja immer und überall nur
eine. Die schöne Litteratur, die soll uns erheben und erquicken, erbauen
und unterhalten, deswegen ist alles das wegzulassen, was, möchte ich sagen,
nur zum Zeitvertreib dient und was vielfach nur auf die niederen Leiden-
schaften der Menschen und nicht auf seine Veredelung, sondern auf seine
Verziehung hinarbeitet. (Beifall.) Was nun die Journalisten selbst an-
langt, die sind ja mit dem anderen Schriftstellertum vielfach so verquickt,
daß es schwer zu unterscheiden ist, wo der Journalist anfängt und der
Schriftsteller aufhört. Die große Masse der Journalisten allerdings, die
hat die Aufgabe, uns mit den Tagesneuigkeiten, mit den Tagesfragen so
schnell als möglich bekannt zu machen und da nehme ich es ja denselben
nicht übel, wenn nicht alle Nachrichten ganz genau und richtig find. (Heiter-
keit.) Es ist ja nicht möglich, bei der Anforderung nach möglichst schneller
Berichterstattung alles auf die Wagschale zu legen. Darin unterscheide ich
den eigentlichen Journalisten ganz streng von dem wissenschaftlichen Schrift-
steller. Eines soll aber der Journalist nicht thun, das ist, er soll nicht mit
Absicht Unwahrheiten verbreiten und er soll nicht verleumden. (Lebhaftes
Bravol) Die Journale und die Leser derselben bekommen einen Ueberblick
über die Ergebnisse der Zeit. Es ist nun die Kunst, Zeitungen richtig zu
lesen. Wer nur ein Blatt liest oder nur Blätter von einer Richtung, der
wird unwillkürlich einseitig. Darum sage ich, ist das Zeitungslesen eine
Kunst und für hochstehende Personen und höchststehende Personen in einem
Staate ist diese Kunst, die gewiß nicht leicht ist, auch die, sich von den
Einflüssen ihrer Umgebung frei zu machen und Dinge zu erfahren und zu
hören, die ihnen sonst bei ihrer unvermeidlichen Isolierung mehr oder we-
niger verborgen bleiben. (Bravo.) Diese Millionen Deutsche, die teilweise
an unseren Grenzen, teilweise in Europa und sonst in der Welt zerstreut
wohnen, werden durch die Litteratur in ständigem Band mit uns gehalten.
Wir nehmen alle den innigsten Anteil an dem Wohl und Wehe derselben,
unterstützen können wir sie aber in ihrem Bestreben, das Deutschtum zu
erhalten, nur auf privatem Wege. So wirkt ja in dieser Richtung der
deutsche Schulverein, wirkt der Verein zur Erhaltung des Deutschtums im
Auslande. (Bravo.) Durch diplomatische Intervention, sei es des Reiches,
sei es der Einzelstaaten, ist natürlich nichts zu erreichen; dieselbe würde
höchst wahrscheinlich die Lage der Deutschen außerhalb des Reiches nur ver-