158 Die Oefterreichisch-Angarische Monarchie. (April 21.—29.)
gesetz. In demselben werden für 1896 festgestellt und bewilligt: die ordent-
lichen Ausgaben der Länder der Ungarischen Krone mit 437 386726 fl.,
die Uebergangsausgaben mit 9447 219 fl., Investitionsausgaben mit
19 580 921 fl., die außerordentlichen gemeinsamen Ausgaben mit 6628 307 fl.
21. April. (Pest.) Das Abgeordnetenhaus genehmigt in
feierlicher Sitzung einstimmig das Gesetz, betr. die Verewigung des
Andenkens an das tausendjährige Bestehen Ungarns. Das Mag-
natenhaus stimmt am 25. zu.
Das Gesetz lautet: „Der ungarische Staat begeht im Jahre 1896
das Fest der tausendsten Jahreswende seiner Begründung und seines Be-
lnes Die Gesetzgebung verewigt in folgendem das Andenken dieses
estes:
§ 1. Die Gesetzgebung der Länder der heiligen ungarischen Krone
dankt mit religiöser Andacht der göttlichen Vorsehung dafür, daß sie das
von Arpad und seinen tapferen Kriegerscharen begründete Vaterland in
ihren Schutz genommen, seine Fürsten mit Weisheit, sein Volk mit Kraft
und selbstaufopfernder Vaterlandsliebe gesegnet und dem Lande in guten
wie in bösen Geschicken beistehend, den Bestand desselben ein Jahrtausend
hindurch inmitten vieler Gefahren und Schicksalsschläge in ihre Obhut ge-
nommen hat.
§ 2. Bei dieser feierlichen Gelegenheit erscheinen beide Häuser des
Reichstages mit tiefster Huldigung vor Sr. kaiserlichen und apostolisch
königlichen Majestät Franz Josef I., unter dessen glorreicher Regierung die
verfassungsmäßige Freiheit und die ungestörte Entwickelung des Landes ge-
sichert sind. Der apostolische König von Ungarn und dessen Nebenländern
gibt seinerseits sein unverbrüchliches Vertrauen zur Treue seines geliebten
Volkes kund. Diese sind die festen Grundlagen jener segensreichen Har-
monie, deren Kraft zugleich ein Unterpfand des sicheren Fortschrittes der
künftigen Jahrhunderte bildet.
§ 3. Mit diesen Kundgebungen der Pietät, der Huldigung und der
königlichen Gewogenheit inartikuliert die Gesetzgebung das Andenken an
den tausendjährigen Bestand des ungarischen Staates für ewige Zeiten im
esetze.
b 8 4. Dieses Gesetz tritt am 8. Juni 1896, als am Tage der Jahres-
wende der ruhmvollen Krönung Sr. kaiserlichen und apostolisch königlichen
Majestät in Kraft; an demselben Tage ist es sowohl in der gemeinsamen
Sitzung beider Häuser des Reichstages zu verlesen, als auch in allen Ge-
meinden der Länder der ungarischen Krone zu veröffentlichen und in Stein
gehauen im Reichstagsgebäude zu verewigen.“
27. April. (Wien.) Der Kaiser empfängt den zum Bürger-
meister gewählten Dr. Lueger. Rücktritt Luegers.
Nach Preßnachrichten erklärt der Kaiser dem Dr. Lueger, er könne
ihn dermalen nicht bestätigen, und appelliert an seinen Patriotismus, daß
er für die geordnete, autonome Verwaltung Wiens mit seiner Person kein
Hindernis bilde. Lueger erwidert, des Kaisers Wunsch sei ihm Befehl; er
begibt sich von der Audienz sofort ins Rathaus und überreicht dem Bezirks-
hauptmann v. Friebeis den Verzicht auf seine Wahl.
29. April. Der Kaiser reist nach Pest, wo er glänzend em-
pfangen wird.