Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

10 Vas Veutsche Reich und seine einzeluen Glieder. (Januar 18.) 
diese Gnadenerweisung nur Platz, sofern die Strafe insgesamt das oben 
bezeichnete Maß nicht übersteigt. Unser Statthalter in Elsaß-Lothringen 
hat für die schleunige Bekanntmachung und Ausführung dieses Erlasses 
Sorge zu tragen. 
Gegeben Berlin im Schloß, den 18. Januar 1896. 
Wilhelm. J. R. 
Fürst zu Hohenlohe. 
Außerdem begnadigt der Kaiser eine Anzahl wegen Majestätsbe— 
leidigung verurteilte Personen, deren Strafen noch nicht vollstreckt find. 
Der Gnadenerlaß an die Armee und Marine lautet: 
Ich will, um den Tag, an dem vor fünfundzwanzig Jahren die 
Neubegründung des Deutschen Reichs erfolgt ist, auch hinsichtlich der Armee 
durch einen Akt der Gnade zu bezeichnen, denjenigen Militärpersonen, gegen 
welche bis zum heutigen Tage im Bereiche der preußischen Militärverwal- 
tung: 1. Strafen im Disziplinarwege verhängt sind oder 2. durch ein 
Militärgericht auf Freiheitsstrafen von nicht mehr als sechs Wochen oder 
Geldstrafen von nicht mehr als Einhundertfünfzig Mark oder beide Strafen 
vereinigt rechtskräftig erkannt worden ist, diese Strafen, soweit sie noch nicht 
vollstreckt sind, und die noch rückständigen Kosten in Gnaden erlassen. Ausge- 
schlossen von dieser Gnadenerweisung bleiben: 1. die wegen Beleidigung, vor- 
schriftswidriger Behandlung oder Mißhandlung Untergebener (§§ 121, 122 
Militärstrafgesetzbuchs) verhängten Strafen; 2. Freiheitsstrafen, neben denen 
zugleich auf eine militärische Ehrenstrafe erkannt ist; 3. die gegen Fahnenflüch- 
tige im Ungehorsamsverfahren verhängten Geldstrafen. Ist in einer Entschei- 
dung die Verurteilung wegen mehrerer strafbaren Handlungen ausgesprochen, 
so greift diese Gnadenerweisung nur Platz, sofern die Strafe insgesamt 
das oben bezeichnete Maß nicht übersteigt. Soweit in einem der oben be- 
zeichneten Fälle vertragsgemäß einem der hohen Kontingentsherren das Be- 
gnadigungsrecht zusteht, bleibt dasselbe durch diesen Erlaß unberührt. Ich 
beauftrage Sie, für die schleunige Bekanntmachung und Ausführung dieses 
Erlasses Sorge zu tragen. 
Berlin, den 18. Januar 1896. 
Wilhelm. 
Bronsart v. Schellendorff. 
An den Kriegsminister. 
(Dieser Erlaß war bereits am 17. Januar im „Vorwärts“ ver- 
öffentlicht, vgl. unten). 
Ferner stiftet der Kaiser einen Wilhelms-Orden durch 
folgende Urkunde: 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. haben 
beschlossen, aus Anlaß der fünfundzwanzigjährigen Wiederkehr des Tages 
der Kaiser-Proklamation zu Versailles einen neuen Orden zu stiften zum 
bleibenden Gedächtnis an die friedlichen Großthaten Unseres in Gott ruhen- 
den Herrn Großvaters, des Kaisers und Königs Wilhelms des Großen 
Majestät, sowie zum Ansporn für das jetzige und kommende Geschlecht, in 
Seinem Sinne mitzuarbeiten an des Volkes Wohl, wie Er es in der Aller- 
höchsten Botschaft vom 17. November 1881 vorgezeichnet und Uns die Voll- 
endung dieser Aufgabe als heiliges Vermächtnis hinterlassen hat. Der 
Orden soll den Namen „Wilhelm-Orden“ führen und aus Einer Klasse 
bestehen, welche gleichmäßig an solche Männer, Frauen und Jungfrauen zu
	        
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