EGroßbritannien. (Februar 28.) 191
in England selbst gezwungen werden. Einer gefährlicheren Täuschung habe
sich noch nie ein verantwortlicher Staatsmann hingegeben; er hoffe indessen,
daß mit dieser Ansicht gebrochen sei und daß denjenigen, welche eine ähn-
liche Anschauung hätten, durch die jüngsten Ereignisse der Irrtum benommen
sei. Die Beziehungen zwischen England und Deutschland seien befriedigend.
Bezüglich der Sonderstellung Englands erklärte Redner, England würde
mit Freuden in verschiedene Gruppen der fremden Mächte ausgenommen
werden, es sei indessen nicht willens, die verlangte ausschließliche Hingabe
zu gewähren. Deshalb sei man etwas ärgerlich über England; man habe
den Versuch gemacht, England zum Anschluß an eine Gruppe von Mächten
zu bewegen. England habe aber dem Bestreben, es zu fangen, widerstanden
und dadurch Erbitterung hervorgerufen. Die Sonderstellung Englands
beruhe nicht auf der Schwäche, sondern auf der Freiheit des Handelns.
Die Rede wird im In= und Auslande viel besprochen; so sagt die
Wiener „Neue Fr. Presse", man könne nur wünschen, daß England nicht
alle Sympathien verscherzt habe, wenn es einmal genötigt sei, den jetzt ver-
schmähten Anschluß an eine Festlandsmacht zu suchen.
28. Februar. (Unterhaus.) Neue Geschäftsordnung.
Das Haus genehmigt mit 202 gegen 65 Stimmen Balfours An-
träge auf Reform der Geschäftsordnung zum Behuf der Abkürzung der
Budgetberatung. Hiernach werden der Beratung des Budgets die Frei-
tage eingeräumt und zwar soll die Beratung nicht länger als 20 Tage
dauern; am 20. Freitag wird über den Voranschlag abgestimmt.
28. Februar. (Unterhaus.) Erklärung über die Verhand-
lungen mit Deutschland in der Währungsfrage (vgl. S. 24).
Auf eine Anfrage des Abg. Coddington ob die Regierung dem
Hause eine Erklärung abgeben könne über den wesentlichen Inhalt des
Meinungsaustausches mit Deutschland, betreffend die Wiedereröffnung der
indischen Münzstätten, erwidert der Unterstaatssekretär des Auswärtigen
Curzon: „Am 8. November fragte Graf Hatzfeldt an, ob die englische
Regierung willens sei, die bimetallistische Frage in einer Konferenz zu er-
örtern, falls die deutsche Regierung sich dafür entscheiden sollte. Lord
Salisbury erteilte die Antwort, er müsse erst mit seinen Kollegen beraten,
bevor er eine bestimmte Ansicht aussprechen könne; er weise aber die Idee
einer Konferenz nicht von der Hand, falls sich gute Gründe für die Ab-
haltung derselben ergeben sollten. Bei einer darauffolgenden Unterredung
stellte Graf Hatzfeldt die Frage, ob die indische Regierung damit umgehe,
ihre Münzen wiederzueröffnen, da Deutschland dies als eine notwendige
Vorbedingung zu irgend einem internationalen Uebereinkommen betrachte.
Unter dem 6. Dezember wurde Graf Hatzfeldt davon unterrichtet, daß die
Wiedereröffnung der indischen Münzstätten nicht beabsichtigt würde, weder
von der indischen Regierung noch von dem Staatssekretär für Indien.
Unter diesen Verhältnissen wurde die Angelegenheit damals nicht weiter
verfolgt. Später legte Graf Hatzfeldt Lord Salisbury die Erklärung vor,
welche der deutsche Reichskanzler im Reichstag abzugeben beabsichtigte über
das, was beiderseits besprochen war. Lord Salisbury erhob keinen Ein-
wand gegen die Erklärung, erinnerte jedoch den Grafen Hatzfeldt unter
Bezugnahme auf Bemerkungen im deutschen Reichstag daran, daß er sich
in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Thatsachen beschränkt habe,
wie sie damals vorlagen, und daß in dieser Erwiderung in keiner Weise
eine Absicht bezüglich der Zukunft enthalten gewesen sei. Die Erklärung
Lord Balfours im Unterhause am 20. Februar gebe die allgemeinen An-