Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

Erankreich. (Oktober 9.) 223 
der ganzen Nation ausdrücke, erneuere ich Eurer Majestät die Wünsche, 
welche wir für Eurer Majestät Herrschaft, für das Glück Ihrer Majestät 
der Kaiserin und für das Gedeihen des gewaltigen Reiches bilden, dessen 
Schicksale in den Händen Eurer Kaiserlichen Majestät ruhen. Möge es 
mir gestattet sein hinzuzufügen, wie sehr Frankreich ergriffen worden ist 
von dem Eifer, mit welchem Ihre Majestät die Kaiserin geruht hat, unseren 
Wünschen zu entsprechen. Der gnädige Aufenthalt Ihrer Majestät wird 
in unserem Lande eine unauslöschliche Erinnerung zurücklassen. Ich erhebe 
mein Glas zu Ehren Seiner Majestät des Kaisers Nikolaus und Ihrer 
Majestät der Kaiserin Alexandra Feodorowna.“ 
Der Zar erwidert: „Ich bin tief gerührt von der Aufnahme, die 
uns, der Kaiserin und mir, in dieser großen Stadt Paris, der Quelle so 
vieler Genies, so vielen Geschmacks und so vieler Erleuchtung, bereitet 
worden ist. Treu unvergeßlichen Ueberlieferungen, bin ich nach Frankreich 
gekommen, um in Ihnen, Herr Präsident, das Oberhaupt einer Nation zu 
begrüßen, mit welcher uns so wertvolle Bande verbinden. Diese Freund- 
schaft kann, wie Sie selbst sagten, durch ihre Beständigkeit nur den glück- 
lichsten Einfluß ausüben. Ich bitte Sie, Herr Präsident, diese Gefühle 
ganz Frankreich gegenüber ausdrücken zu wollen. Indem ich für die 
Wünsche, die Sie, Herr Präsident, mir und der Kaiserin ausgesprochen 
haben, danke, trinke ich auf das Wohl Frankreichs und erhebe mein Glas 
zu Ehren des Präsidenten der französischen Republik.“ 
Am 7. Oktober besucht das Zarenpaar Notredame, das Pantheon, 
den Dom der Invaliden, die Münze, das Institut, wo eine feierliche 
Sitzung abgehalten wird, das Hotel de Ville, wo sich der Zar mit dem 
Maire unterhält. Ferner legt er den Grundstein zu einer neuen Brücke 
„Alexander III“. 
Am 8. Oktober besuchen Zar und Zarin den Louvre und reisen 
nach Versailles. 
9. Oktober. (Chalons.) Große Parade des 2., 6. und 
7. Korps vor dem Zarenpaar und dem Präsidenten der Republik. 
Nach der Parade, an der 70000 Mann mit 18500 Pferden und 
1060 Geschützen teilnehmen, findet ein Frühstück statt. Dabei werden 
folgende Trinksprüche ausgebracht: 
Präsident Faure: „Eure Majestät steht im Begriffe uns zu ver- 
lassen nach einem Aufenthalte, welcher in den Annalen unserer beiden 
Länder eine unauslöschliche Erinnerung hinterlassen wird. Wie ein Lächeln 
einer glücklichen Vorbedeutung wird der Zauber der Anwesenheit Ihrer 
Majestät der Kaiserin in holder Weise mit diesem Besuch verbunden bleiben. 
In Paris sind Eure Majestäten von der ganzen Nation begrüßt worden, 
in Cherbourg und in Chalons sind Sie empfangen worden von dem, was 
dem Herzen Frankreichs am teuersten ist, von seinem Heere und seiner 
Marine. Die französische Armee begrüßt hier Eure Majestät. An jedem 
der häufigen Gedenktage ihrer ruhmreichen Vergangenheit tauschen die 
französischen Seeleute und Soldaten mit ihren Brüdern in Rußland die 
Bezeugungen ihrer herzlichen Verhältnisse und ihrer Wünsche für einander 
aus. Heute bitte ich Euere Majestät im Namen der französischen Armee 
und der französischen Marine für Ihre Waffen zu Wasser und zu Lande 
die feierliche Bekräftigung unwandelbarer Freundschaft zu empfangen. Ich 
trinke auf das russische Heer und die russische Marine und erhebe mein 
Glas zu Ehren Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin!" 
Der Zar: „Bei unserer Ankunft im Hafen von Cherbourg hatte 
ich Gelegenheit, ein Geschwader der französischen Kriegsflotte zu bewundern;
	        
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