264 K#ßland. (März 14.-Mai 18.)
Die russische Presse führt aus, infolge der italienischen Niederlage
bei Adua müsse Italien bei Frankreich Schutz suchen und der Dreibund
zerfallen. Eine Abteilung der russischen Gesellschaft vom roten Kreuz bricht
nach Abessynien auf, wodurch Italiens Mißtrauen rege wird. (Vgl. S. 236.)
14. März. Erlaß über den Spiritusverkauf.
Ein kaiserlicher Erlaß verfügt die Einführung des Reglements, be-
treffend den Spiritusverkauf seitens des Staates für die Gouvernements
Bessarabien, Wolhynien, Jekaterinoslaw, Kiew, Podolien, Poltawa, Taurien,
Cherson und Tschernigow am 1. Juli 1896; für die Gouvernements Wilna,
Witebsk, Grodno, Kowno, Minsk, Mohilew und Smolensk am 1. Juli 1897,
und für die Gouvernements Petersburg, Nowgorod, Pskow, Olonez und
Charkow am 1. Januar 1898.
Anf. April. Zur Einführung der Goldwährung in Ruß-
land schreibt die „Now. Wremja“:
„Der Wert unserer Kreditbillets wird in Goldrubel neuer Prägung
umgerechnet werden. Diese neue Münze im Werte von 10 Rbl. Kredit
enthält 1 Solotnik 78,24 Doli reines Gold, während die Münze nach ihrer
Legierung 2 Solotnik 1,6 Doli wiegen wird. Diese Goldmünze neuer
Prägung wird die Münzeinheit für das ganze Reich bilden. Die Annahme
vollwertiger Silbermünze bei Zahlungen zwischen Privatpersonen ist nur
in einem Betrage von nicht über 50 Rubel obligatorisch, während die
Staatsrentei jede Summe vollwertiger Silbermünze entgegennimmt. Imperiale
und Halbimperiale der Prägung nach dem Gesetz vom 17. Dezember 1885
werden bis zu dem Zeitpunkte, wo sie aus dem Verkehr gezogen werden,
bei allen Zahlungen entgegengenommen, indem 1 Rbl. Gold alter Prägung
den Kurs von 1 Rbl. 50 Kop. Goldmünze neuer Prägung haben wird.
Dem entsprechend wird bei allen bis zur Promulgierung des neuen Gesetzes
in Metallrubeln emittierten Staats= und Privatanleihen der Goldrubel
alter Prägung mit 1½ Rubel der neuen Prägung berechnet. Alle Be-
dingungen dieser Anleihen werden in keiner Weise verändert werden. Das-
selbe gilt für alle Abschlüsse und Kontrakte in Gold, welche vor der Pro-
mulgierung des neuen Gesetzes vollzogen worden sind.
18. April. (Petersburg.) Ankunft des Fürsten Ferdinand
von Bulgarien.
Er wird von der Presse sympathisch begrüßt. Das „Journal de
St. Pétersbourg“ sagt, für Bulgarien breche jetzt eine neue Aera an.
„Now. Wremja“ weist auf die Bande zwischen Bulgarien und der Pforte
hin, meint aber, Rußland müsse erwarten, daß Bulgarien in einem Kriege
nicht zu seinen Gegnern gehöre. „Birschew. Wedomosti“ sagt, Ferdinand
habe die durch seines Vorgängers Schuld abgebrochenen Beziehungen Bul-
gariens zu Rußland wieder anzuknüpfen verstanden.
30. April. (Petersburg.) Ankunft Li Hung Tschangs,
der vom Kaiser in feierlicher Audienz empfangen wird.
18. Mai. Das Zarenpaar reist zu den Krönungsfeierlich-
keiten nach Moskau. Viele fremde Fürstlichkeiten, darunter Prinz
Heinrich von Preußen und Ludwig von Bayern, sind dort einge-
troffen (vgl. S. 79).