Das Veesche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 13.) 29
Verträge und Vereinbarungen mit anderen Staaten mit Ausnahme des
Oranje-Freistaates der Genehmigung der Regierung Ihrer Maojestät der
Königin unterliegen. An diese Konvention knüpfen zeitlich und auch ur-
sächlich die Beziehungen an, die wir seitdem mit der Südafrikanischen
Republik unterhalten haben. Bereits im Sommer 1884 trat die Republik
mit uns in Verhandlungen ein, die am 22. Januar 1885 zum Abschluß
eines Handelsvertrages führten. Dieser Vertrag hat nach Art. 4 der ge-
nannten Konvention die Genehmigung der englischen Regierung erhalten,
bildet also eine unanfechtbare Grundlage für unsere Beziehungen. In
jenem Vertrag ist uns die Freiheit der Niederlassung, die Handelsfreiheit,
die Freiheit des Gewerbebetriebs in der südafrikanischen Republik gewährt,
gleichzeitig die unbedingte Meistbegünstigung. Wir haben demnach in allen
diesen Beziehungen hinter keinem Staat, auch nicht hinter England zurück-
zutreten. (Sehr gut!) Wenn also jemand uns die Frage stellen wollte,
was habt ihr Deutsche eigentlich in der Südafrikanischen Republik zu suchen?
so würden wir in aller Ruhe antworten, wir wollen dort die Rechte aus-
üben, welche jene Republik mit Genehmigung der Regierung Ihrer britischen
Majestät uns vertragsmäßig eingeräumt hat. (Bravol) Wir wollen nicht,
daß dort staatsrechtlich und faktisch eine Veränderung eintrete, welche uns
die Ausführung dieser Rechte erschweren oder illusorisch machen könnten.
(Lebhaftes Bravol) Was in den letzten 10 Jahren von deutscher Seite zur
gedeihlichen Entwicklung jener Beziehungen geschehen ist, das hat sich alles
am hellen lichten Tage vollzogen; wir haben in der Beziehung nichts zu
verschweigen, nichts zu beschönigen und nichts zu rechtfertigen. Wir haben
vor Jahren schon eine subventionierte Dampferlinie nach Delagoa-Bai er-
richtet, der natürlichen Einbruchsstelle für unseren Verkehr; vornehmlich mit
deutschem Gelde ist die Bahn von der portugiesischen Landesgrenze nach
Pretoria erbaut worden; deutsche Fabriken sind im Transvaalstaat ent-
standen, Reichsangehörige haben sich dort niedergelassen; deutsche Kapitalien
find in industriellen Unternehmungen dort beteiligt; unser Handel befindet
sich in erfreulichem Aufschwung. Diese legitimen Interessen zu schützen
und nach Maßgabe des staatlichen Könnens diese Beziehungen zu pflegen
und zu fördern im friedlichen Wettkampfe mit anderen Nationen, dieser
Pflicht kann und wird das Deutsche Reich sich nicht entziehen. (Bravol)
Schon vor Jahr und Tag — und das ist vielleicht etwas Neues, was aus
dem Weißbuch hervorgeht — haben wir der englischen Regierung gegen-
über die Linie unserer Politik gezogen, und wir haben um so weniger An-
laß, davon abzuweichen, als wir nichts weiter wünschen, als die Erhaltung
des bestehenden Rechtszustandes. Wir wollen den status quo in Delagoa-
Bai insbesondere bezüglich der territorialen Hoheit, dasselbe wollen wir
bezüglich des Besitzstandes unserer Eisenbahnen und wir wünschen die Er-
haltung der Selbständigkeit der Südafrikanischen Republik, wie sie ver-
tragsmäßig gewährleistet ist. Mit diesen durchaus konservativen Wünschen
treten wir nach unserer Kenntnis weder mit England, noch mit irgend
einer anderen Macht in Widerspruch, wohl aber treten wir in einen ganz
scharfen Gegensatz zu jenen Bestrebungen, welche in Südafrika ganze Arbeit
machen wollen, welche aufräumen wollen mit den selbständigen Staaten-
gebilden und dem Besitzstand anderer europäischer Mächte, welche ganz
Südafrika vereinigen wollen zu einem einheitlichen Wirtschafts= und Staaten-
gebiete, unter einer Staatsform, über die man sich heute noch nicht aus-
gesprochen hat. In dem Siege dieser Bestrebungen würden wir allerdings
eine schwere Schädigung unserer Interessen erblicken (sehr richtigl) und da
auch wir Kolonialbesitz in Südafrika haben, würde es sich nicht ausschließlich
um wirtschaftliche Interessen handeln. Man hat uns vorgehalten: wir