Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 14.—18.) 33
gewesen; es habe Erbitterung in England wachgerufen und uns wirtschaft-
liche Nachteile verschafft. Redner tadelt dann die Politik in Ostafien und
23 Türkei, wo Deutschland den russischen Interessen dienstbar ge-
wesen sei.
14./15. Februar. (Reichstag.) Militäretat.
Die Abgg. Bebel und Stadthagen (Soz.) bringen eine Reihe
Beschwerden vor über Mißhandlungen von Soldaten, unsittliche Vorgänge
in der Armee und in den Kriegervereinen u. dgl., worauf Kriegsminister
Bronsart von Schellendorff, Generallieutnant v. Spi, Abg. Graf
Roon (kons.) und Abg. v. Bennigsen (ul.) antworten. Berührt wird
ferner die Duellfrage, wobei die Abg. Lieber (3.) und Graf Bernstorff
(RP.) für Aufhebung des Duells plädieren. Abg. v. Bennigsen wünscht
eine Reform des Militärstrafprozesses.
14. Februar. (Bayern.) Abgeordnetenkammer. Hypotheken-
bank.
Die Kammer genehmigt den Antrag des Ausschusses auf Gründung
einer genossenschaftlichen Landes-Hypothekenbank unter Aufsicht des Staates
und mit einem staatlichen Zuschusse. Der Minister des Innern erklärt,
daß die Regierung dem Antrage Folge geben werde.
15. Februar. Der Kaiser richtet folgenden Brief an den
Prinzen Leopold von Bayern:
Durchlauchtigster Prinz, freundlieber Better! Eurer Königlichen
Hoheit habe ich auf die mir von Ihnen unter dem 10. ds. mitgeteilte Er-
nennung Eurer Königlichen Hoheit zum Generaloberst der Kavallerie mit
dem Range eines General-Feldmarschalls bereits in dem Telegramm vom
12. ds. meine lebhafte Freude hierüber zu erkennen gegeben und meine
herzlichsten Glückwünsche zu der wohlverdienten Beförderung ausgesprochen.
Es drängt mich aber, Eurer Königlichen Hoheit noch besonders zum Aus-
druck zu bringen, daß die ganze preußische Armee, welche die Ehre hat,
Eure Königliche Hoheit als General--Inspekteur und Regimentschef zu den
Ihrigen zählen zu dürfen, den lebhaftesten Anteil an Eurer Königlichen
Hoheit Beförderung nimmt und sich meinem Glückwunsche anschließt. Die-
selbe weiß, daß Eure Königliche Hoheit viele Beweise des hingebendsten
Interesses sowohl für die militärische Entwicklung und Leistungsfähigkeit
des Heeres als auch für das Wohl des deutschen Vaterlandes gegeben haben.
Wenn schon mein in Gott ruhender Herr Großvater vor vielen Jahren
Ihre rühmlichen Leistungen im letzten Kriege freudigen Herzens anerkannte
und auch ich vor nicht langer Zeit am 25. Jahrestage von Villepion meiner
Bewunderung für Eure Königliche Hoheit Ausdruck geben konnte, so glaube
ich Eurer Königlichen Hoheit mit Vertrauen auf Gott jetzt meinen aus
warmem Herzen kommenden ganz besonderen Wunsch darbringen zu dürfen,
daß es Eurer Königlichen Hoheit vergönnt sein möge, in Ihrer jetzigen
höchsten militärischen Stellung noch lange Jahre in frischer und voller
Manneskraft zum Heile des Heeres und des deutschen Vaterlandes weiter
zu wirken. Mit der Versicherung der vollkommenen Hochachtung verbleibe
ich Eurer Königlichen Hoheit freundwilliger Vetter.
Hubertusstock, den 15. Februar 1896.
gez. Wilhelm. R.
18. Februar. (Reichstag.) Anträge, betr. Vereins-, Ver-
sammlungswesen und Koalitionsrecht.
Europäischer Geschichtskalender. Bd. XXXVII, 3