64 Das Dentsche Reih und seine einzelnen Glieder. (Mai 2.)
den Männern zu verdanken, die als Lehrer und Schüler an der hiefigen
Akademie der Künste gewirkt haben. Für alles, was die Akademie in den
200 Jahren ihres Bestehens an bleibender, wahrhaft künstlerischer Frucht
gezeitigt hat, sei ihr Mein königlicher Dank gesagt. Ich vertraue, daß
auch die in der Akademie gegenwärtig vereinigten Künstler ihre ganze Kraft
daran setzen werden, die hohe Kunst in wahrhaft künstlerischem Geiste zu
pflegen und ihr bei der ihrer Leitung anvertrauten akademischen Jugend
eine würdige Stätte zu bereiten. An Ihnen ist es, das heilige Feuer zu
hüten und die Flamme echt künstlerischer Begeisterung zu nähren, ohne
welche alle Arbeit auf dem Gebiete der Kunst verkümmert und wertlos
wird. Halten Sie als wahre und berufene Diener der Kunst fest an den
überlieferten Idealen, so können Sie alle Zeit Meines kaiserlichen Schutzes
und Meines besonderen Wohlwollens gewärtig sein. Ich hoffe, daß es Mir
vergönnt sein wird, den beiden akademischen Hochschulen neue und würdige
Räumlichkeiten zuweisen zu können. Möge die Akademie auch in den kom-
menden Jahrhunderten sich gedeihlich weiter entwickeln, möge die Kunst sich
zu immer reinerem und hellerem Glanze entfalten und unserem teueren
ventschen Baterlande eine Quelle reichsten Segens werden! Das walte
ott!“
2. Mai. (Reichstag.) Interpellation wegen Konvertierung
der 4 und 3½ prozentigen Reichsanleihen in dreiprozentige.
Abg. Meyer-Danzig (RpP.) fordert die Konversion, da der landes-
übliche Zinsfuß jetzt 3% sei und der hohe Kurs der Staatspapiere stabil
geblieben sei. Die Konversion sei leicht ausführbar durch Abstempelung
ohne Inanspruchnahme der Börse. Staatssekr. Graf Posadowsky: Die
Reichsregierung könne in dieser Frage nur vorgehen, wenn die Einzelstaaten
zu Konvertierungen bereit wären. Für eine ganze Anzahl von Kapital-
besitzern liege die gesetzliche Verpflichtung vor, ihre Bestände in Staats-
papieren anzulegen, und man würde sie durch eine Konversion schwer
schädigen. Es stehe doch noch sehr in Frage, ob der Zinsfuß von 3 pét.
bereits wirklich der landesübliche sei. Es stehe noch nicht einmal fest, ob
das Reich neue Anleihen zu 3 pECt. zu pari vergeben könne. Die Regierung
könne eine günstige Gelegenheit nicht ohne nähere Prüfung dazu benutzen,
eine Konversion durchzuführen und die Staatsgläubiger zu benachteiligen.
Erst seit etwa einem Jahre könne das Reich 3proz. Geld aufnehmen, und
dieser Zeitraum sei zu kurz, um zu weitgreifenden Maßnahmen schreiten zu
können. Die Folge einer Konversion würde sein, daß unser gutes deutsches
Geld ins Ausland geht und dafür schlechte Papiere herein kommen. Er
müsse daher namens des Reichskanzlers erklären, daß dem Bundesrat ohne
Vorgehen der Einzelstaaten eine Konvertierungsvorlage nicht zugehen und
daß in dieser Session der Reichstag eine solche nicht zu beraten haben
werde. Gegen die Konversion wenden sich mit Rücksicht auf die kleinen
Kapitalisten und milden Stiftungen Abg. Rintelen (Z.) und Abg. Gräfe
(Antis.); für die Konversion sprechen im Interesse der Landwirtschaft die
Abgg. Graf Stolberg (kons.) und Friedberg (nl.).
2. Mai. (Friedrichsruh.) Eine Deputation des Wohl-
thätigkeitsklubs „Glocke“ in Bremerhaven besucht den Fürsten Bis-
marck, der auf ihre Ansprache erwidert:
Meine Herren! Ich danke Ihnen, daß Sie zu mir gekommen sind.
Es ist das immer ein Beweis von Wohlwollen und gutem Willen. Wenn
ich auch glaube, daß der Herr Vorredner meine Verdienste überschätzt, so