Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (September 7.) 159
und gleich arbeitsam vertreten eine blühende Landwirtschaft und eine auf-
wärts strebende Industrie, und wie ich eben schon dankerfüllt die Vertreter
ihrer Bauern habe empfangen können und von neuem Grüße und Ver-
sprechungen und Treue um Treue habe austauschen können, so begrüße Ich
auch die Gelegenheit, von neuem der westfälischen Industrie Meine vollste
Teilnahme und Anerkennung aussprechen zu können. Wie alle, die indu-
striellen Betrieben obliegen, so haben auch Sie ein wachsames Auge auf
die Entwicklung unserer sozialen Verhältnisse, und Ich habe Schritte ge-
than, soweit es in Meiner Macht steht, Ihnen zu helfen, um Sie vor
wirtschaftlich schweren Stunden zu bewahren. Der Schutz der deutschen
Arbeit, der Schutz desjenigen, der arbeiten will, ist von Mir im vorigen
Jahre in der Stadt Bielefeld feierlich versprochen worden. Das Gesetz
naht sich seiner Vollendung und wird den Volksvertretern in diesem Jahre
zugehen, worin jeder, er möge sein wie er will und heißen wie er will,
der einen deutschen Arbeiter, der willig wäre, seine Arbeit zu vollführen,
daran zu hindern versucht oder gar zu einem Streik anreizt, mit Zucht-
haus bestraft werden soll. Die Strafe habe Ich damals versprochen, und
Ich hoffe, daß das Volk in seinen Vertretern zu Mir stehen wird, um unsere
nationale Arbeit in dieser Weise, soweit es möglich ist, zu schützen. Recht
und Gesetz müssen und sollen geschützt werden, und somit werde Ich dafür
sorgen, daß sie aufrecht erhalten werden. Sie aber, Meine Herren, fordere
ich auf, mit Mir auf das Wohl dieser blühenden und herrlichen Provinz
zu trinken, die ausgebreitet liegt in ihrer landschaftlichen Schönheit mit
ihrem treuen Volke unter der segnenden Hand des großen Kaisers. Ich
wünsche Ihnen von Herzen, daß Sie Ihre hohen Eigenschaften bewahren
mögen; vor allen Dingen wünsche Ich dem westfälischen Bauer, daß er sich
seine Arbeitsamkeit, seine alte Tracht und seinen alten westfälischen Bauern-
stolz bewahren möge. Die Provinz Westfalen: Hurra! hurra! hurra!
7. September. (Öynhausen.) Der Kaiser nimmt an einem
Festmahl der westfälischen Provinzialvertretung teil und erwidert
auf die Ansprache des Vorsitzenden des Provinzial-Landtags:
Von Herzen danke Ich im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin und
in Meinem Namen für den freundlichen Willkomm und für das heutige
Fest. Sie wissen, wie Ich Mich freue jedesmal, wenn Ich unter Ihre
Reihen treten kann. Ich bin dankbar, daß seitens der Provinz anerkannt
wird, daß die Mühen Meiner Regierung nicht ganz umsonst gewesen sind,
und Ich hoffe, daß es Mir gelingen wird, den Ausblick, namentlich auch
für die Landwirtschaft, so zu gestalten, daß Sie mit Ruhe einer guten Zu-
kunft entgegensehen können, und daß alle großen Gebiete des Erwerbslebens
unseres Vaterlandes zu gleichen Teilen sich miteinander verbinden und so
die fortdauernde Größe und Entwicklung desselben gewährleisten werden.
Wir können es aber nur, wenn wir in gesichertem, ruhigem und ungestörtem
Fortarbeiten unter dem Schutz des Friedens uns entwickeln, wie gleichsam
angedeutet ist durch die ausgestreckte Hand des großen Kaisers, der hier
über uns steht. Der Friede wird aber nie besser gewährleistet sein, als
durch ein schlagfertiges, kampfbereites deutsches Heer, wie wir es jetzt in
einzelnen Teilen zu bewundern und uns darüber zu freuen die Gelegenheit
haben. Gebe uns Gott, daß es uns immer möglich sei, mit dieser stets
schneidigen und gut erhaltenen Waffe für den Frieden der Welt zu sorgen!
Dann möge sich auch der westfälische Bauer ruhig schlafen legen. Ich
erhebe das Glas und trinke auf das Wohl der Provinz Westfalen! Sie
lebe hoch! und noch einmal hoch! und zum drittenmale hoch!