Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 26.—Dez. 1.) 177
26. November (Potsdam.) Rückkehr des Kaiserpaars.
26. November. (Preußen.) Der Minister des Innern er-
läßt eine Verfügung an die Behörden über strengere Durchführung
des Margarinegesetzes.
26. November. (Preußen.) Das Oberverwaltungsgericht
erklärt die Versammlungen von Getreidehändlern im Berliner Feen-
palast als Börse und erklärt ihre Aufhebung durch die Polizei-
behörde für gerechtfertigt. Vgl. 1897 S. 59, 63.
28. November. (Berlin.) Der Staatssekretär des Reichspost-
amts v. Podbielski fordert die Postbehörden in einem Erlasse auf,
vor der Anstellung der Beamten ihre gesamte dienstliche und außer-
dienstliche Führung zu prüfen und den schriftlichen Verkehr zwischen
den Behörden nach Möglichkeit zu beschränken.
Ende November. Die deutschen Regierungen einigen sich über
einheitliche Grundsätze bei Überwachung der Anarchisten. Die be-
schlossenen Maßregeln treten am 1. Dezember in Kraft.
29. November. (Stuttgart.) Im Verlage von Cotta er-
scheinen die Memoiren des Fürsten Bismarck: „Gedanken und Er-
innerungen von Otto Fürst von Bismarck".
1. Dezember. (Preußen.) In der Landtagsersatzwahl im
Obertaunuskreise wird Oberlandesgerichtsrat Goeschen (nl.) gewählt.
1. Dezember. Der Kaiser hält einen feierlichen Einzug in
Berlin und wird vom Bürgermeister Kirschner begrüßt. Er ant-
wortet:
Mein lieber Bürgermeister! Ich danke, zugleich auch im Namen
der Kaiserin, den städtischen Behörden für den Uns bereiteten Empfang.
Mich freut es, heut wiederum Meine Vaterstadt betreten zu können, nach
Rückkehr von Meiner Reise, auf welcher Wir schöne und mächtige Eindrücke
auf dem Gebiete der Religion, der Kunst und Industrie gewonnen haben.
Das Eine aber kann Ich sagen, daß Ich überall den deutschen Namen in
allen Ländern und allen Städten geschätzt und geachtet gefunden habe, wie
nie zuvor. Ich hoffe, daß dies so bleiben wird und daß Meine Reise dazu
beigetragen hat, der deutschen Energie und der deutschen Thatkraft neue
Absatzgebiete zu eröffnen, und daß es Mir gelungen ist, mitzuwirken, die
Beziehungen zwischen unseren beiden Völkern, dem türkischen und deutschen
zu befestigen. Ich kehre gern nach Berlin, Meiner lieben Vaterstadt zurück,
der Stadt, die Ich, wie Sie wissen und wie Sie ja auch sehen, stets för-
dere, um Meine Arbeit wieder aufzunehmen, und Ich hoffe, daß sich das
städtische Gemeinwesen unter Ihrer Leitung auch weiterhin segensreich ent-
wickeln wird, ohne durch den Streit der Parteien gestört zu werden. Ich
danke Ihnen, daß Sie und Meine Berliner sich durch das schlechte Wetter
nicht haben abhalten lassen, Mir und der Kaiserin diesen patriotischen
Empfang zu bereiten, und beauftrage Sie, Meinen Dank der braven Bürger-
schaft auszusprechen.
Europäischer Geschichtskalender. Bd. XXXIX. 12