Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 6.) 181
schen Vertrag vom 6. März d. J. neu erworbenen Rechte wird Meine Re-
gierung, unter gewissenhafter Achtung der wohlerworbenen Rechte dritter
Staaten, auch in Zukunft bestrebt sein, die von Jahr zu Jahr gewichtiger
werdenden wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands mit China weiter zu
entwickeln und den deutschen Reichsangehörigen den vollen, ihnen gebühren-
den Anteil an der wirtschaftlichen Erschließung des fernen Ostens zu sichern.
Bei Meinem Aufenthalt in Konstantinopel, Palästina und Syrien ist es
Mir eine Freude gewesen, Mich durch den Augenschein davon zu über-
zeugen, wie deutsche Tüchtigkeit und Sitte den im türkischen Reiche leben-
den Reichsangehörigen zu geachteter Stellung verholfen haben. Mit be-
wegtem Herzen habe Ich mit der Kaiserin und Königin, Meiner Gemahlin,
an den Stätten geweilt, die durch das Leiden des Erlösers der gesamten
Christenheit teuer sind. Dem evangelischen Bekenntnisse dort ein Gottes-
haus zu errichten, war schon das sehnliche Verlangen Meiner drei Vor-
gänger an der Krone Preußens. Daß es Mir vergönnt war, jenes Ver-
langen zu erfüllen und die Erlöserkirche zu Jerusalem dem Dienste des
Herrn zu übergeben, ist Mir ein neuer Antrieb, die Mir von Gottes
Gnaden verliehene Gewalt auch weiter einzusetzen für die ewigen Grund-
wahrheiten des Christentums. Von solchen Gefühlen geleitet, hat es
Meinem Herzen besondere Genugthuung gewährt, einen langgehegten Wunsch
der deutschen Katholiken durch Erwerbung eines ihnen durch weihevolle
Erinnerungen geheiligten Besitztums auf dem Berge Zion in Erfüllung zu
bringen. So gebe ich mich der Hoffnung hin, daß mein Aufenthalt im
türkischen Reiche, die ebenso gastfreundliche wie glänzende Aufnahme, die
Ich bei Seiner Majestät dem Sultan, entsprechend den freundschaftlichen
Beziehungen der beiden Reiche, gefunden, und der begeisterte Empfang, der
Mir und der Kaiserin allenthalben von der osmanischen Bevölkerung be-
reitet wurde, dem deutschen Namen und den deutschen nationalen Inter-
essen zu bleibendem Vorteil und Segen gereichen mögen. Geehrte Herren!
Indem Ich Sie hiermit zu Ihren verantwortungsvollen Beratungen ent-
lasse, will Ich dem Wunsche Ausdruck geben, daß die bevorstehende
Legislaturperiode durch gemeinsame Arbeit der Regierungen und der Volks-
vertretung einen bedeutsamen Abschnitt in der geistigen und wirtschaftlichen
Entwicklung unserer Volksgemeinschaft bilde.
6. Dezember. Veröffentlichung des Reichshaushaltsetats.
Der Reichshaushaltsetat für 1899 beläuft sich in Einnahme und
Ausgabe auf 1554 530 650 ℳ. Von den Ausgaben entfallen 1 300 845 810 ℳ
auf die fortdauernden, 162 473651 ℳ auf die einmaligen Ausgaben des
ordentlichen Etats und 91211189 ℳ auf den außerordentlichen Etat. Die
gesamten Ausgaben übersteigen die des Vorjahres um 112 962 042 ℳ, und
zwar entfallen von dem Mehr auf die dauernden Ausgaben 59008 913 ℳ
und auf die einmaligen 53943129 ℳ. Werden von der Gesamtsumme der
Ausgaben die des Reichsinvalidenfonds mit 27 938 539 ℳ und die Ueber-
weisungen an die Bundesstaaten mit 476 738 000 ℳ, zusammen 504676 539 ℳ,
als durchlaufende Posten, welche die Höhe der Matrikularbeiträge und das
Abschlußergebnis nicht beeinflussen, abgezogen, so stellt sich für die ver-
bleibenden fortdauernden Ausgaben und die einmaligen Ausgaben des
ordentlichen Etats ein Gesamtbedarf von 958642922 ℳ, oder ein Mehr-
bedarf von 44 46 5859 ℳ heraus, während der außerordentliche Etat mit
einem Gesamtbedarf von 90 844 193 ℳ und einem Mehrbedarf von 33 417202
Mark abschließt. Von dem Mehrbedarf des ordentlichen Etats entfallen
auf Reichskanzler und Reichskanzlei 8250 ℳ fortdauernd, auf das Aus-
wärtige Amt 641 443 ℳ fortdauernd und 5 850 428 ℳ einmalig, auf das