Bie Geskerreichisc-Angarische Menarchie. (Januar 17.—21.) 197
schwer geschädigte Leute durch Subvention oder unverzinsliche Darlehen in
Aussicht genommen. Der Statthalter sprach sein tiefes Bedauern über die
schwere Schädigung zahlreicher friedlicher Bürger aus, verurteilte die Aus-
schreitungen auf das Nachdrücklichste und gab gleichzeitig der Zuversicht
Ausdruck, daß die Ruhe nicht mehr gestört werde.
17. Januar. (Böhmischer Landtag.) Der Statthalter
Graf Coundenhove gibt über die Sprachenfrage folgende Erklärung
im Namen der Regierung ab:
Gegenüber den mannigfachen Beschwerden, welche hinsichtlich der
Sprachenverordnungen vom 15. April erhoben werden, erachtet es die Re-
gierung als ihre Pflicht, ihre Auffassung und ihre Absichten mit voller
Deutlichkeit darzulegen. Die Regierung geht hierbei von der Anschauung
aus, daß im Königreich Böhmen beide Landessprachen im Amte vollkommen
gleichberechtigt find. Daraus folgt, daß es jedem Bewohner des König-
reichs Böhmen innerhalb der Grenzen des Landes zusteht, sein Recht bei
allen landesfürstlichen Behörden, sei es in czechischer, sei es in deutscher
Sprache, zu suchen und zu finden, und so, wie diese Grundsätze für die
Regierung unverrückbar feststehen, wird sie auch an der Einheit des Landes
sowie an jener der Verwaltung und des Beamtenkörpers unbedingt fest-
halten. Innerhalb dieser Grundsätze jedoch ist die Regierung behufs An-
bahnung friedlicher Zustände gern bereit, geäußerten Wünschen, welche in
thatsächlichen Verhältnissen ihre Begründung finden, sobald als nur immer
thunlich entgegenzukommen. Sie plant daher vorbehaltlich einer eventuellen
gesetzlichen Regelung, eine Neuordnung der sprachlichen Vorschriften in der
Art, daß künftighin auf Grund der Ergebnisse der letzten Volkszählung
zwischen einsprachigen und gemischt-sprachigen Landesbezirken unterschieden
werden soll, in welchen entweder die deutsche oder die czechische oder end-
lich die beiden Landessprachen als innere Amts= und Dienstsprache Geltung
haben sollen. Damit wäre nach Ansicht der Regierung beiden Nationali-
täten gegenüber ein durchaus gerechtes und gleichmäßiges Vorgehen umso-
mehr bethätigt, als auch bezüglich der sprachlichen Befähigung der Beamten
an Stelle einer doch mehr theoretischen und im Moment der Berufung
vielleicht nicht mehr vorhandenen Oualifikation das reelle thatsächliche Be-
dürfnis allein maßgebend bliebe und jeder Beamte bei voller Wahrung der
Gleichberechtigung das an Sprachenkenntnis besitzen müßte, was der Dienst
bei der Behörde seiner Verwendung wirklich erfordert. Um jedoch in Zu-
kunft im Königreich Böhmen genügend sprachlich gqualifizierte Beamte zu
besitzen, wird die Regierung nicht ermangeln, für die nächste Landtags-
session Anträge vorzubereiten, welche eine gründliche Aenderung in den
Einrichtungen an Mittelschulen Böhmens behufs praktischer Erlernung der
zweiten Landessprache bezwecken.
18. Januar. (Böhmischer Landtag.) Während der Be-
ratung über die Einsetzung eines Sprachenausschusses kommt es
auf die Nachricht von Mißhandlung deutscher Studenten in Prag
zu einem heftigen Tumult, so daß die Sitzung unterbrochen wer-
den muß.
21. Januar. (Böhmen.) Die Prager Polizeibehörde erläßt
folgende Bekanntmachung:
Das öffentliche Tragen aller demonstrativen Abzeichen, Vereinszeichen
und Vereinstrachten ist zeitweilig ohne Ausnahme untersagt, mit dem Vor-