224 Hie Gesterreichisch-Ausarische Menarchie. (Ende Juli—August 20.)
ernannten Mitglieder des Arbeitsbeirates haben zu einem Dritteil aus
Unternehmern, zu einem Dritteil aus Arbeitern und zu einem Dritteil aus
Personen zu bestehen, deren fachmännische Mitwirkung bei den Arbeiten
des Beirates wünschenswert ist Die Beamten und Organe des Amtes
dürfen, insbesondere nicht von der Finanzverwaltung, nach irgend einer
Richtung hin in Anspruch genommen werden. Die Geheimhaltung der
arbeitsstatistischen Erhebungen und Feststellungen ist strenge Amtspflicht
der Beamten und Angestellten. („T. R.“)
Ende Juli. (Cisleithanien.) In der oppositionellen Presse
wird die Schließung des Reichsrats als Vorbereitung zum Staats-
streich aufgefaßt.
Das „Grazer Tageblatt"“ schreibt: „Mit dem Zentralparlamente
wurde reiner Tisch gemacht" — so tönt es in wildem Jubel aus den
Tschechenreihen. Höhnisch sagt man uns, den Deutschen habe man noch
gnädig eine Frist gewährt, sich zu „beruhigen“; wollten sie das nicht, so
würde die Regierung ihre „neue Rechnung“ beginnen, und „viel weiter
gehende Vorgänge" sollen dann die Einsicht und Absicht der Regierung be-
siegeln, und mit dem Reichsrate in seiner heutigen Zusammensetzung nie
wieder zu arbeiten. Keine bloße Auflösung der Volksvertretung, den Um-
sturz kündet das frohlockende Slaventum an. Mit vollkommener Gelassen-
heit schütteln wir den Hohn ab, und mit der Kraft, deren sich die neun
Millionen unseres Stammes in immer dunkleren Tagen immer klarer
bewußt werden, erwidern wir: So lange wir nicht totgeschlagen sind, weichen
wir nicht, und wir werden uns zu wehren wissen.
Die Wiener „Deutsche Zeitung“: Na, das kann ja eine recht lustige
Regiererei werden. Aber lustig wird die Geschichte für den Grafen Thun
und seine Leute nicht enden, dessen möge er versichert sein. Hält er es denn
für möglich, daß sich die Bevölkerung eines mitteleuropäischen Staates am
Ende des 19. Jahrhunderts mit Notparagraphen auch nur ein halbes Jahr
absolulistisch regieren läßt? Bielleicht hat er von Polen, Tschechen, Süd-
slaven und Klerikalen beruhigende Versicherungen erhalten. Aber wenn
sich's auch alle gefallen lassen — wir Deutsche lassen es uns nicht gefallen.
Es muß einmal, und zwar bald der Tag kommen, wo Graf Thun oder
sein Nachfolger diese „Notverordnungen“ einem Reichsrate unterbreitet.
Und dann kommt die Abrechnung.
6. August. (Böhmen.) Der Statthalter verbietet die Bil-
dung eines deutsch-böhmischen Städtebundes, weil dieser ein poli-
tischer Verein sein würde und den Gemeinden die Bildung poli-
tischer Vereine verwehrt ist.
Mitte August. (Ischl.) Der Kaiser empfängt den öster-
reichischen und ungarischen Ministerpräsidenten, den Minister des
Auswärtigen und mehrere andere Minister. Es finden Beratungen
über den Ausgleich statt.
20. August. (Siebenbürgen.) In Kronstadt wird das
Denkmal des siebenbürgischen Reformators Honterus enthüllt unter
großer Teilnahme der Bevölkerung. Auch viele Gäste aus Deutsch-
land sind anwesend.