230 Jie Gesterreichisch-Augerische Monarchie. (November 10.—29.)
Sitzung, die zeitweilig in Handgemenge auszuarten droht, mit 187
gegen 114 Stimmen abgelehnt.
10./11. November. (Böhmen.) In Prag finden Tumulte
und Bedrohungen Deutscher statt.
Mitte November. (Böhmen.) In radikalen deutsch-natio-
nalen Kreisen machen sich Bestrebungen für einen Massenübertritt
zum Protestantismus geltend.
17. November. (Pest.) Abgeordnetenhaus. Stürmische Be-
ratung der Hentzi-Angelegenheit.
Der gemeinsame Kriegsminister Edler v. Krieghammer hatte dem
Armeebefehl des Kaisers über die Versetzung jenes Denkmals einen Erlaß
beigefügt, worin Henze ein Muster militärischer Pflichttreue genannt ward.
Hiergegen protestiert die äußerste Linke heftig; sie macht Banffy dafür ver-
antwortlich und greift ihn aufs schärfste an. — Am 21. wiederholen sich
die Angriffe auf Banffy und den Honvedminister Fejervary. In den
Straßen Pests kommt es zu Tumulten zwischen Polizei und Studenten.
18. November. (Pest.) Banffy über die Obstruktion.
In einer Beratung der liberalen Partei erklärt Banffy, daß er das
Vertrauen der Krone besitze und auch weiterhin auf die Unterstützung der
Partei rechne. Er sei bereit, falls die oppositiouelle Minderheit ihn dazu
zwingen sollte, am 1. Jannar durch Verordnungen zu ersetzen, was durch
rechtzeitig eingebrachte Gesetze hätte geschehen sollen, deren Inslebentreten
aber die hartnäckige Obstruktion vereitele. Er werde Mittel und Wege
fiuden, um dem Mißbrauch mit der parlamentarischen Redefreiheit einen
Damm zu setzen, das will sagen, daß er die Cloture einführen werde. —
Die liberale Partei verspricht ihm Unterstützung.
22./23. November. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Debatte
über die Unruhen in Galizien. Anklage gegen Thun.
Abg. Daszynski (poln. Soz.) beantragt, den Ministerpräsidenten
wegen der in Galizien im Sommer angeordneten Ausnahmemaßregeln in
Anklagezustand zu versetzen. Er schildert das Elend der Bauern in Galizien,
behauptet, daß der Ausnahmezustand vorwiegend zur Unterdrückung der
sozialistischen Propaganda in Galizien benutzt worden sei, und bringt die
bestigsten Angriffe auf die Verwaltung und den Richterstand Galiziens vor.
Ministerpräsident Graf Thun: Die zur Verhängung des Ausnahmezustandes
notwendigen, gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen seien vorhanden ge-
wesen. Es seien in der Zeit vom 23. Mai bis Ende Juli d. J. 150 Plün-
derungen und eine ungezählte Reihe von Diebstählen und Räubereien vor-
gekommen. Die Bewegung richtete sich gegen die Juden. Diese seien aber
völlig gleichberechtigte Bürger des Staates und es sei Pflicht des Staates,
jeden Bürger, ganz gleich, ob er Jude oder Christ sei, oder welcher Natio-
nalität er angehöre, zu schützen. Er hoffe, es werde in verhältnismäßig
kurzer Zeit möglich sein, auch den letzten Rest der galizischen Bezirke vom
abeshimitand zu befreien. — Die Anklage wird mit 189 gegen 96 Stimmen
abgelehnt.
23. November. (Pola.) Ankunft des deutschen Kaiserpaars.
29. November. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Thun über
die Ausweisungen österreichischer Unterthanen aus Preußen.