Spanien. (April 9. -20.) 239
Anf. April. Vermittlungsversuche zwischen Spanien und
Nord-Amerika s. Römische Kurie.
9. April. (Madrid.) Vermittlung der Botschafter zwischen
Spanien und Nord-Amerika. Waffenstillstand auf Kuba.
Die Botschafter besuchen den Minister des Aeußern Gullon, und
raten ihm die Herbeiführung friedlicher Zustände an, um für entscheidende
Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten Zeit zu gewinuen. Die Bot-
schafter machen den Vorschlag, den Aufständischen auf Kuba einen Waffen-
stillstand zuzugestehen. Der Minister des Aeußern begibt sich sofort zu
der Königin Regentin und veranlaßt hierauf den Ministerpräfidenten
Sagasta telephonisch, den Ministerrat zu berufen. Dieser beschließt nach
zweistündiger Beratung, angesichts des Schrittes der Mächte, den General
Blanco zu ermächtigen, für einen ihm angemessen erscheinenden Zeitraum
den Aufständischen einen Waffenstillstand zu gewähren. Der Marschall
Blanco wird von diesem Beschluß sofort telegraphisch in Kenntnis gesetzt,
und diese Ermächtigung des Generals durch eine offiziöse Note öffentlich
bekannt gemacht. — Der amerikanische Gesandte Woodford hat nach dem
Ministerrat eine Unterredung mit dem Minister des Aeußern Gullon und
spricht seine Befriedigung über den Beschluß aus. — Der Minister des
Innern richtet an die Provinzialbehörden ein Rundschreiben, in welchem
er die augenblickliche Situation darlegt.
15. April. Spanien legt in einer Note an die Großmächte
die Situation dar, protestiert gegen den Beschluß des amerikanischen
Kongresses und erklärt, der Wunsch Spaniens, dem Ansuchen der
Mächte zu entsprechen, werde durch die offensive Haltung des
Bundeskongresses vereitelt.
18. April. Bericht über die Explosion der „Maine“. (Vgl.
Süd-Amerika und Nord-Amerika.)
Der Bericht weist jede Schuld der spanischen Behörden an dem
Unglück ab und schließt: Die Explosion sei in den Kammern des Schiffs-
vorderteils erfolgt, wo sich nur Pulver und Granaten befunden hätten.
Die Zeugen, welche bei der Explosion zugegen gewesen seien, sagten über-
einstimmend aus, daß die Ursache lediglich eine innere gewesen sei. Da nun
aber ein fremdes Kriegsschiff exterritorial sei, so hindere dieser Umstand,
vollständig, die Ursache des Unglücks zu erkennen. Die Untersuchung des
Wracks, sobald die Hebung desselben möglich sei, werde indessen die Richtig-
keit des spanischen Berichts beweisen.
20. April. Die Königin-Regentin eröffnet die Cortes mit
folgender Thronrede:
Die schweren Besorgnisse, welche Mein Herz betrübten, sind seit dem
letzten Male, daß Ich an Sie das Wort richtete, noch gewachsen; die Be-
unruhigung der Bevölkerung ist lebhafter geworden in dem beunruhigenden
Gefühl des Bevorstehens neuer, größerer Verwickelungen. Diese sind hervor-
gerufen durch die Wendung der Dinge auf Cuba, an der ein Teil der Be-
völkerung der Vereinigten Staaten schuld ist, der voraussieht, daß eine aus
freiem Willen hervorgegangene Kundgebung der cubanischen Bevölkerung
durch seine Volksvertretung für immer jene Pläne zerstören wird, welche
sich gegen die Souveränetät Spaniens richten und von denjenigen genährt