Spanien. (April 22. 24.) 241
22. April. (Madrid.) Der Minister des Auswärtigen über-
sendet dem amerikanischen Gesandten folgende Note:
„Mit Bedauern habe ich Ihnen mitzuteilen, daß, nachdem der
Präsident der Vereinigten Staaten die Resolutionen der beiden Häuser des
Kongresses genehmigt hat, welche auf eine sofortige bewaffnete Intervention
in der spanischen Provinz Cuba abzielen, eine Intervention, welche die
Kriegserklärung in sich schließt, die Beziehungen zwischen den beiden Re-
gierungen abgebrochen sind, und daß die Regierung Spaniens keine weiteren
Mitteilungen seitens der Vereinigten Staaten entgegennehmen wird. Aus
demselben Grunde hat der spanische Gesandte Bernabe Washington bereits
verlassen und Ew. Exzellenz werden dementsprechend thun, was Ihnen ent-
sprechend erscheint.“
24. April. (Madrid.) Es wird folgendes Dekret über den
Ausbruch des Krieges mit Nord-Amerika verbffentlicht:
Nachdem die diplomatischen Beziehungen zwischen Spanien und den
Vereinigten Staaten abgebrochen sind und der Kriegszustand zwischen den
beiden Ländern begonnen hat, ergeben sich zahlreiche Fragen des Völker-
rechts, welche ganz genau klargestellt werden müssen. Gerade weil die Un-
gerechtigkeit der Herausforderung seitens unserer Gegner — und fie sind es,
die durch ihre Haltung den schweren Konflikt hervorgerufen haben — den
Frieden der Nationen gestört hat, müssen wir auf das allergenaueste die
Vorschriften des Völkerrechts beobachten. Die Regierung erwog daher, daß
die Thatsache des Nichtanschlusses an die Pariser Deklaration vom Jahre
1856 sie nicht von der Verpflichtung befreie, die in jener zugestandenen
Grundsätze zu respektieren. Der Grundsatz, welchem zuzustimmen Spanien
rundweg ablehnte, war die Abschaffung des Kaperrechts, und die Regierung
erachtet es gegenwärtig für unumgänglich notwendig, in dieser Hinsicht
diesen Vorbehalt unter allen Umständen aufrechtzuerhalten, um unsere Frei-
heit und das absolute Recht zu wahren, die Kaperei auch ins Werk zu
setzen, sobald es angezeigt erscheint. Man wird zunächst sofort Hilfskreuzer
der Kriegsmarine organisieren, welche aus den Schiffen unserer Handels-
marine gebildet werden sollen. Sie werden vornehmlich mit der Kriegs-
marine, unter deren Gerichtsbarkeit sie stehen werden, operieren.
Die einzelnen Artikel des Dekrets lauten:
Artikel 1. Da der Kriegszustand zwischen Spanien und den Ver-
einigten Staaten besteht, werden der Friedens= und Freundschaftsvertrag
vom 27. Oktober 1795 und das Protokoll vom 12. Januar 1877 sowie
alle anderen Abmachungen, Verträge und Konventionen, welche bisher
zwischen den beiden Ländern in Kraft waren, für hinfällig erklärt. Ar-
tikel 2. Von der Veröffentlichung dieses Dekretes an wird allen in spa-
nischen Häfen vor Anker liegenden Schiffen der Vereinigten Staaten fünf
Tage Zeit gelassen, um unbehelligt in See gehen zu können. Artikel 3.
Obwohl Spanien der Pariser Konvention vom Jahre 1856 nicht beige-
treten ist, erklärt die Regierung im Einklang mit den Grundzügen des
Völkerrechts, sie werde folgende Bestimmungen des Seerechts beobachten und
deren Befolgung anordnen: a. Neutrale Flagge deckt Feindesgut mit Aus-
nahme von Kriegskontrebande. b. Neutrales Gut mit Ausnahme von
Kriegskontrebande ist unter neutraler Flagge nicht pfändbar. c. Blockaden
müssen, um bindend zu sein, effektiv sein, d. h. durch Streitkräfte aufrecht
erhalten werden, welche thatsächlich eine Annäherung des Feindes an die
Küste verhindern können. Artikel 4. Die spanische Regierung wird in
Wahrung ihres Rechts Kaperbriefe auszustellen, welches sie sich in der an
Europäischer Geschichtskalender. Bd. XXXIX. 16