Grofbritannien. (November 9.) 265
Lord Salisbury: Ganz neuerdings haben wir die Frage eines europä-
ischen Krieges ins Auge fassen müssen. Die Angelegenheit ging glücklich
aus. Es scien einen Augenblick, daß sie in anderer Weise ausgehen
werde, aber die große Weisheit und der gesunde Verstand, die Frankreich
unter Umständen von außergewöhnlicher Schwierigkeit entfaltet hat, haben
Europa, glaube ich, vor dem sehr gefährlichen drohenden Sturme gerettet.
Der Krieg ist vielleicht nicht so nahe gewesen, wie die Zeitungen glauben
machten. Aber diese Erwägungen und viele andere, die Sie leicht begreifen
werden, verpflichteten die Regierung, Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, da-
mit sie nicht überrascht würde, wenn plötzlich irgend eine Gefahr eintreten
sollte. Diese Vorsichtsmaßregeln wurden mit großer Raschheit und großem
Erfolge getroffen. Die Notwendigkeit für diese Maßregeln war zum min-
desten eine ganz unmittelbare. Man hat Erstaunen darüber ausgedrückt,
daß die Vorsichtemahregeln nicht plötzlich wieder beseitigt worden seien;
wir können aber nicht alle Vorsichtsmaßregeln im Augenblick einstellen.
Es darf jedoch nicht angenommen werden, daß diese Maßregeln, weil sie
nicht sofort eingestellt wurden, jetzt noch die Gefühle anzeigen, von denen
sie ursprünglich eingegeben waren. — Ueber Aegypten sagt er: Man
sagt, daß wir uns Kretas und Syriens bemächtigen oder das Protektorat
über Aegypten proklamieren wollen. Wir find mit der gegenwärtigen
Lage in Aegypten ganz zufrieden und glauben nicht, daß jetzt ein Grund
vorhanden ist, dieselbe abzuändern. Ich bitte mich nicht so zu verstehen,
als ob ich sagen wollte, ich sei der Ansicht, daß die Ereignisse der letzten
drei Monate keine Einwirkung auf unsere Lage in Aegypten hatten, und
als ob man unmöglich sagen könnte, eine geschlagene Schlacht sei eine der
Stationen auf dem Wege der Geschichte, und der Stand der Dinge, der
vor jener geschlagenen Schlacht bestand, könne nicht derselbe sein wie der,
welcher später vorliegt. Nein, der Sieg Wolseleys bei Tel el Kebir war
der Anfang unserer neueren englisch-ägyptischen Geschichte; unsere Stellung
in Aegypten war, nachdem er jenen Schlag gethan, sehr verschieden von
der, die sie vorher war. Dieselbe Sache geschah mit Kitcheners Sieg bei
Omdurman. Unsere Lage, nachdem er jenen Schlag gethan, ist nicht die-
selbe, wie sie vorher war. Aber ich hoffe ernstlich, daß keine Umstände
eintreten werden, die es notwendig machen werden, in irgend einem Grade
unsere Lage in Aegypten zu modifizieren; denn ich bin überzeugt, daß es
in der Welt nicht so friedlich, wie es jetzt der Fall ist, weitergehen würde,
wenn eine solche Notwendigkeit uns aufgedrängt wäre.
Wenn man nun frage: warum diese Vorbereitungen, wenn es sich
nicht um Kreta, Aegypten oder Syrien handelt, so müsse er bitten, doch
die allgemeine Weltlage zu betrachten. Der Abrüstungsvorschlag des
Kaisers von Rußland sei warm zu loben, und der Sympathie und der
Unterstützung Englands sicher. Aber bis der Wunsch des russischen Kaisers
von Erfolg gekrönt ist, müssen wir auf die Gefahren um uns achten und
Vorsichtsmaßregeln treffen. Was Amerika betreffe, so könne von den euro-
päischen Nationen nicht eine leugnen, daß das Erscheinen der Amerikaner
unter den Faktoren der europäischen Diplomatie ein schwerwiegendes, ernstes
Ereignis bildet, welches vielleicht nicht den Interessen des Friedens dienlich
Hön mag, aber gleichwohl die Interessen Großbritanniens wahrscheinlich
rdert.
Ein Konflikt könne sich erheben über die Frage, wer die Besitzungen
gewisser Nationen erben solle. Heutzutage könne ein Krieg mit schrecklicher
Schnelligkeit ausbrechen.
England ist zugleich eine große See= und eine große Kolonialmacht.
Es hat ähnliche Mächte auch schon früher gegeben. Sie fielen, weil sie