Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 24. 25.) 21
Januar. Februar. Die Presse über die Dreyfusfrage.
Die deutsche Presse begleitet alle Phasen des Dreyfusprozesses mit
großer Aufmerksamkeit (vgl. Frankreich). Die liberale greift die Urteile
gegen Zola, die Prozeßführung und den französischen Generalstab scharf an,
die antisemitische und ein Teil der konservativen nimmt ebenso scharf gegen
Zola Partei. Mehrere Blätter wie die „Tägliche Rundschau“ tadeln diese
ausgiebige Behandlung einer inneren Angelegenheit eines fremden Staates
und weisen auf die Möglichkeit hin, daß daraus politische Folgen entstehen
könnten.
24. Januar. (Preuß. Abgeordnetenhaus.) Kautions-
vorlage. Gesetzentwurf betr. den Staatshaushalt, Verweisung an
eine Kommission.
Das Haus genehmigt in erster Beratung die Vorlage betr. die Au-
hebung der Verpflichtung zur Bestellung von Amtskautionen.
Es folgt die erste Beratung des Komptabilitätsgesetzes. Der Ent-
wurf bezweckt die gesetzliche Feststellung von Grundsätzen, welche für die
Veranschlagung, Führung und Kontrolle des Staatshaushalts maßgebend
sein sollen. Die Feststellung solcher gesetzlichen Bestimmungen ist wieder-
holt vom Landtage beantragt worden. Der Entwurf stellt sich überall auf
den Boden des in Preußen bestehenden verfassungsmäßigen Rechtszustandes.
Derselbe soll in Ansehung der bestehenden Rechte der Krone, der Staats-
gewalt und der Landesvertretung keinerlei neue Abgrenzung oder sonstige
Aenderung herbeiführen. Er beabsichtigt lediglich in den für seinen Be-
reich in Betracht kommenden Beziehungen gesetzliche Normen für die Aus-
führung und Ausgestaltung des bestehenden Rechts im einzelnen aufzustellen
und dadurch zugleich mannigfache in der Praxis hervorgetretene Meinungs-
verschiedenheiten zwischen der Oberrechnungskammer und den einzelnen
Ressorts oder dem Landtage und der Staatsregierung zu beseitigen. Den
Vorschriften des Entwurfs haben vielfach die zur Zeit als Verwaltungs-
normen maßgebenden, in der Praxis bewährten Bestimmungen der Instruk-
tion für die Oberrechnungskammer vom 18. Dezember 1824 teils unver-
ändert, teils mit den durch die gegenwärtigen Verhältnisse und Einrichtungen
bedingten Aenderungen zu Grunde gelegt werden können. Mehrfach haben
auch die Vereinbarungen, welche über die einschlägigen Fragen bereits
zwischen der Staatsregierung und der Landesvertretung getroffen worden
sind, einen geeigneten Anhalt für die Bestimmungen des Entwurfs geboten.
Endlich sind die dem Reichstage vorgelegten Entwürfe eines Gesetzes über
die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Reiches, sowie die Be-
schlüsse, welche die dritte Kommission des Reichstages in der zweiten Session
von 1874 zu dem gedachten Gesetzentwurfe gefaßt hat, in dem vorliegenden
Entwurfe berücksichtigt worden, soweit dies nicht insbesondere schon durch
die Verschiedenheit der Rechtslage im Reiche und in Preußen auf dem hier
in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen war. Die durch den Entwurf
gegebene einheitliche Zusammenfassung der etatsrechtlichen Bestimmungen
wird die Handhabung derselben in hohem Grade erleichtern. — Die Vor-
lage wird von Vertretern aller Parteien sympathisch begrüßt und an eine
Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen.
25. Januar. (Berlin.) Der Chefredakteur des „Kladdera-
datsch“, Schriftsteller J. Trojan, wird wegen Majestätsbeleidigung
zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt. Der Verurteilte hatte die