296 Ilalien. (Juni 18. — Juli 4.)
mächtigt sein, militärpflichtige Beamte der Eisenbahnen, Posten und Tele-
graphen einzuberufen, sie dabei aber in ihren Stellungen zu belassen.
Weiter werden Gesetzentwürfe vorgelegt über den Schutz der öffentlichen
Dienste, über eine Abänderung des Preßgesetzes, ein Gesetzentwurf über die
Vereinigungen, Aenderungen des Gesetzes über den öffentlichen Unterricht,
welche dahin gehen, die Schuleinrichtungen in Zucht und Ordnung zu
halten, und Bestimmungen über die Verpflichtungen militärpflichtiger Per-
sonen, welche dem Personal der Eisenbahnen, der Post und der Telegraphen-
verwaltung angehören.
18. Juni. (Deputiertenkammer.) Ministerpräs. di Rudini
stößt mit seinem Gesetzentwurfe über die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ruhe auf Widerspruch bei der Mehrheit und gibt seine
Demission.
23. Juni. (Mailand.) Das Militärgericht verurteilt 24
wegen der Mai-Unruhen Angeklagte zu langen Gefängnisstrafen.
Einige sozialdemokratische und klerikale Redakteure werden mit
mehreren Jahren Gefängnis bestraft.
25. Juni. Die Deputiertenkammer stimmt den Verord-
nungen zu, die bis zum 30. Juni die Getreidezölle aufheben und
diese Zölle vom 1. Juli ab auf 5 Lire und vom 16. Juli ab auf
7,50 Lire festsetzen.
29. Juni. Das neue Ministerium ist folgendermaßen zu-
sammengesetzt:
General Pelloux, Präsidium und Inneres; Canevaro, Auswärtiges;
der Deputierte Finocchiaro-Aprile, Justiz; der Deputierte Carcano, Fi-
nanzen; der Senator Vachhelli, Schatz; der General di San Marzano,
Krieg; der Deputierte Admiral Palumbo, Marine; Baccelli, Unterricht;
der Deputierte Lacava, öffentliche Arbeiten; der Deputierte Fortis, Acker-
bau und der Deputierte Nunzio Nasi, Post und Telegraphen.
4. Juli. (Deputiertenkammer.) Ministerpräsident Pelloux
legt sein Programm vor. Er sagt:
Die Regierung beabsichtige im Innern absolute Aufrechterhaltung
der Ordnung, beständigen eifrigen Schutz der staatlichen Institutionen und
der bürgerlichen Gesellschaft und Beruhigung der Gemüter, nach außen den
aufrichtigsten Frieden und Aufrechterhaltung der besten Beziehungen zu
allen befreundeten und verbündeten Mächten. Wir werden unsere Sorge
der schrittweisen finanziellen und ökonomischen Aufbesserung des Landes
widmen und der Besserung der mißlichen Verhältnisse, in denen sich ein
Teil unserer Bevölkerung befindet. Unser erster Gedanke soll sein, durch
zweckmäßige Veranstaltungen und durch rationelles Entfalten der öffent-
lichen und privaten Thätigkeit diese traurige Lage zu lindern, welche,
wenn sie auch an vielen Stellen nur den Vorwand der letzten Unruhen
bildete, doch nichtsdestoweniger besteht und allgemein anerkannt wird. Dies
soll geschehen, ohne daß in irgend welcher Weise die Solidität des Budgets
angegriffen wird, welche mit der größten Peinlichkeit gewahrt werden soll.
Dies ist das Programm meiner Politik, welche ich eine Politik der Ver-
waltung, der Arbeit, der Ruhe und der Gerechtigkeit nennen möchte. Das