Bie Rämische Kurie. (Oktober 8.) 305
Gründung eines nationalen Komitees zur Behauptung des französischen
Schutzes über die katholischen Missionare und Niederlassungen im Orient
vor. Denn infolge politischer Verwicklungen und Ereignisse, die er nicht
erörtern wolle, sei Frankreichs Stellung in jenen Gegenden, die schon lange
bedroht war, heute erschüttert, und es sei hohe Zeit, zu warnen. Das
katholische Frankreich werde sich niemals dazu verstehen, dieses ruhmreiche
Vorrecht zu verlieren. Die Vernichtung des Protektorates würde bestimmt
für Frankreich ein Unglück und eine Demütigung sein; aber sie würde auch
für die Kirche schwere Nachteile bringen. Wo sei außer Frankreich die
Nation, diese wesentlich katholische Aufgabe zu erfüllen?
Der Papst antwortet am 20. August: Geliebter Sohn! Mit leb-
hafter Genugthuung haben wir durch Deinen Brief erfahren, daß hervor-
ragende Männer den Plan gefaßt haben, in Frankreich ein nationales
Komitee zur Erhaltung und Verteidigung des französischen Protektorats im
heiligen Lande zu gründen. Kein Unternehmen könnte besser den groß-
mütigen und ritterlichen Ueberlieferungen Deines edlen Vaterlandes ent-
sprechen, welches vorzugsweise das Land der Kreuzfahrer war. In der
That weiß jeder, daß Du, geliebter Sohn, mit eigenen Augen festgestellt
hast, wie sehr die katholischen Interessen in Palästina im argen liegen, und
von welchen Gefahren sie bedroht sind. Diese Interessen knüpfen sich be-
kanntlich besonders an den Besitz und den Gebrauch der Heiligtümer, welche
durch den frommen Sinn unserer Vorfahren gerade da errichtet wurden,
wo sich die Geheimnisse der Erlösung des Menschen vollzogen haben; die
Feinde der katholischen Religion verdoppeln ihre Angriffe und ihre Rührig-
keit, um in diesen selben Heiligtümern die Frömmigkeit der getreuen Kinder
der Kirche zu behindern. Das Werk, von dem Du zu Uns sprichst, ge-
liebter Sohn, ist also zur günstigen Stunde erstanden, und Wir erhoffen
von ihm die besten Erfolge für die Zukunft. Frankreich hat im Orient
eine besondere, von der Vorsehung ihm anvertraute Mission; eine herrliche
Mission, die nicht bloß durch eine jahrhundertelange Praxis geheiligt ist,
sondern auch durch internationale Verträge, wie es auch Unsere Pro-
paganda-Kongregation durch ihre Erklärung vom 22. Mai 1888 anerkannt
hat. Der heilige Stuhl will in der That nicht an das ruhmreiche Erbe
rühren, welches Frankreich von seinen Vorfahren erhalten hat und welches
zu bewahren es zweifellos das Verdienst zu haben glaubt, indem es sich
immer auf der Höhe seiner Aufgabe zeigt. Möchten doch die vereinigten
Anstrengungen der katholischen Kirche im Orient eine friedliche Existenz
sichern und ihr gestatten, erfolgreich an der Ausbreitung des wahren
Glaubens und der Rückkehr der verirrten Schafe in den Schafstall des
einzigen und höchsten Hirten zu wirken.
8. Oktober. Der Papst empfängt eine Schar französischer
Pilger und hält folgende Ansprache über das franzöfische Protektorat
im Orient:
„Ein besonderer Gedanke hat Euch zu uns hergeführt, der nämlich,
uns zu danken für den kürzlich vollzogenen Akt, wodurch wir die früheren
Erklärungen des Heiligen Stuhles über Ener traditionelles Protektorat im
Orient bestätigt haben. In diesem Gedanken haben sich dieser Pilgerfahrt
die wackeren frommen Arbeiter — die Augustinerpatres — angeschlossen,
sie, die sich um das Heilige Land so wohlverdient machen, wohin sie in
regelmäßigen Zwischenräumen zahlreiche Bußpilger führen, die dort Bitt-
gebete zu Gott emporschicken für die katholische Kirche und Gebete, daß die
von uns getrennten Brüder in deren Schoß zurückkehren mögen. Es war
Europäischer Geschichtskalender. Bd. XXXIX. 20